Am Sonntag startet in Essen der 49. Germany Travel MartTM (GTM). Mehr als 350 Top-Vertreter der internationalen Reiseindustrie und Medienlandschaft aus 36 Ländern haben sich bei der ausrichtenden Deutschen Zentrale für Tourismus (DZT) bis zum 18. April angekündigt. Kurz vor dem Start der Veranstaltung hatten wir Gelegenheit, mit der Vorstandsvorsitzenden der DZT Petra Hedorfer zu sprechen.
Frau Hedorfer: Den GTM gibt es nun seit fast 50 Jahren. Wie kann man diese Zeit kurz zusammenfassen?
Die Erfolgsgeschichte des GTM basiert darauf, dass wir das Format immer wieder weiterentwickelt, immer wieder neue Akzente gesetzt haben – mit jährlich wechselnden Gastgebern, mit interessanten educational Programmen, mit der starken Beteiligung von hochkarätigen Einkäufern der internationalen Reiseindustrie und Ausstellern, die die Leistungsfähigkeit der deutschen Tourismuswirtschaft präsentieren.
Seit Jahren sind die aktuellen Trendthemen fester Bestandteil des GTM: So ist die digitale Transformation an der stetig wachsenden Präsenz von OTAs direkt ablesbar. Sie finden im GTM ein geeignetes Format zur Unterstützung ihres Geschäftsmodells und sind ein wichtiger Ausspielungskanal für Content des Deutschlandtourismus. Inhaltlich stehen im Rahmen der ökologischen Transformation die Themen Nachhaltigkeit und Klimaschutz im Fokus, die wir über den gesamten GTM definiert haben: über das Profil der Aussteller, über die Themen, die wir im Rahmenprogramm setzen und in der Organisation des GTM als Green Event.
Wie dieses Konzept aufgeht, tracken wir alljährlich mit einer On-Site-Befragung. Nach dem letzten GTM 2022 haben uns 93 Prozent der Teilnehmer bestätigt, dass der GTM eine gute/sehr gute Plattform für Geschäftsabschlüsse ist. 96 Prozent konnten neue Geschäftskontakte knüpfen, und 95 Prozent erklärten, im Folgejahr wieder teilnehmen zu wollen. Damit spiegelt der GTM auch die kontinuierliche Erfolgsgeschichte des deutschen Incoming-Tourismus wider.
Wie ist die Stimmung vor Beginn des 49. GTM?
Die Stimmung hellt sich auf. Das bestätigen uns auch die Partner aus der internationalen Reiseindustrie. 75 Prozent der Key Accounts in unserem DZT Travel Industry Expert Panel vom ersten Quartal erwarten eine positive Entwicklung ihres Deutschlandgeschäfts in den kommenden sechs Monaten. Mit dem GTM wollen wir wieder einen Beitrag dazu leisten.
Wo setzen Sie in diesem Jahr die Akzente?
Nachhaltigkeit ist auch in diesem Jahr wieder der große Leitfaden für den GTM. Unsere Botschaft an die internationalen Teilnehmer lautet: Ein Tourismus, der nicht nachhaltig ausgerichtet ist, entzieht sich selbst die Lebensgrundlage. Das umfasst die gesamte Komplexität der Balance aus Ökonomie, Ökologie und sozialer Verantwortung. Der GTM ist eine Vertriebsveranstaltung, die mittelständische Unternehmen der deutschen Tourismuswirtschaft auf den internationalen Märkten unterstützt. Er ist ein Beleg dafür, wie wir soziale Verantwortung – beispielsweise beim Thema Inklusion mit der Einladung von mobilitätseingeschränkten Tour Operator und Medienvertretern – wahrnehmen. Es ist darüber hinaus eine Präsentation dessen, was wir auf dem Weg zu einem klima- und umweltfreundlichen Tourismus leisten.
Gerade hier zeigt sich die Essenz unserer Nachhaltigkeitsstrategie, die wir in dem Dreiklang von Messen-Mindern-Kompensieren umsetzen. Das zeigen wir in der Produktpalette, die beispielsweise auf längere Aufenthalte, zertifizierte Angebote, Reisen auch in der Nebensaison und die Verbindung von Stadt und Land ausgerichtet ist.
Das wird auch bei den wichtigen Programminhalten deutlich, bei der Organisation von PreConvention- und Tagestouren vor Ort, ganz praktisch in der Organisation des gesamten Events. By the way: Dass wir das als Unternehmen DZT selbst glaubhaft umsetzen können, hat gerade Green Globe wieder bestätigt. Zum zehnten Mal in Folge haben wir die Rezertifizierung bestanden und inzwischen die Platin-Auszeichnung bekommen – den höchsten Status, den man als Green Globe-Unternehmen erreichen kann.
Wie hoch wird das Thema Nachhaltigkeit heute auf den internationalen Märkten bewertet und wie ist Deutschland in diesem Kontext aufgestellt?
Wir haben das in einer Exklusivstudie von IPK International in 27 Quellmärkten untersuchen lassen. Maßnahmen im Hinblick auf Nachhaltigkeit / Umwelt- und Klimaschutz sind für 45 Prozent der Befragten wichtig, für weitere 34 Prozent sogar sehr wichtig. Deutschland belegt in dieser Umfrage aus Sicht der Kunden den dritten Platz. Also die Nachfrage ist hoch und unser Angebot passt dazu. Das korrespondiert mit dem Stimmungsbild bei der internationalen Reiseindustrie, die wir mit dem GTM ansprechen. Im Laufe des vergangenen Jahres ist die Wahrnehmung Deutschlands als nachhaltiges Reiseziel von 67 Prozent im 1. Quartal 2022 auf 77 Prozent im 1. Quartal 2023 gestiegen. 60 Prozent der Key Accounts vermarkten Deutschland jetzt schon bewusst als nachhaltige Destination.
Wie gehen Sie auf diesen Anspruch von Kunden und Industrie ein?
Wir fokussieren unsere Markenkommunikation auf nachhaltige zertifizierte Angebote. Unter dem Motto „Stay a little bit longer“ wollen wir die Gäste zu längeren Aufenthaltsdauern anregen, um den ökologischen Fußabdruck pro Reisetag zu reduzieren. Wir werben für die An- und Weiterreise mit klima- und umweltfreundlichen Verkehrsmitteln, wie Bahn, Bus und ÖPNV, vor allem aus den europäischen Nachbarländern. Reisen in der Nebensaison sollen die ganzjährige Auslastung der Betriebe verbessern. Damit können Besucherströme entzerrt und die Belastung der Umwelt in sensiblen Regionen gemindert werden. Und ein ganzjähriger Betrieb steigert auch die Attraktivität der Arbeitsplätze und sichert einen hohen Standard in der Servicequalität.
Ein weiteres wichtiges Element ist der Einsatz digitaler – teilweise schon KI-gestützter Tools für das Besuchermanagement: Damit können beispielsweise Verkehrsstaus vermieden oder größere Menschenansammlungen an den POIs und in sensiblen Naturräumen entzerrt werden – ganz praktische Beispiele, wie digitale Transformation und Nachhaltigkeit ineinandergreifen. Das Open-Data-Projekt der DZT bietet hierfür die Grundlage.
Mit welchen Themen werden Sie diese Ziele umsetzen?
Unsere aktuelle globale Kampagne ‚51 UNESCO-Welterbestätten‘ wird auch 2024 das Interesse von potenziellen Deutschlandurlaubern auf das große Erbe an bedeutenden Kulturgütern und einzigartigen Naturlandschaften verbunden mit einem gut ausgebauten Netz öffentlicher Verkehrsmittel lenken. Anlässlich der Europameisterschaft im kommenden Jahr werben wir dafür, dass Fußballfans nicht nur zu einem Spiel nach Deutschland reisen. Neben den Fußballstadien, den eigentlichen Austragungsorten der Europameisterschaft, bieten die Städte ein umfangreiches Kunst- und Kulturprogramm, Public Viewings und ein touristisch attraktives Umland. Entsprechend setzen wir in der Markenkommunikation einen Fokus auf das breite touristische Angebot der EM-Städte und ihres Umlandes. Ein Themenschwerpunkt zum 250. Geburtstag von Caspar David Friedrich beleuchtet die bedeutenden Facetten der deutschen Romantik für die europäische Kulturlandschaft. Einen weiteren Höhepunkt im kulturtouristischen Themensetting setzen wir im Jahr 2025 mit Chemnitz als Kulturhauptstadt Europas. Mit 65 internationalen Großprojekten und hunderten lokalen Initiativen füllt die ganze Kulturregion das Narrativ „C the unseen – European Makers of Democracy“ mit Leben. Wir werden diese konzeptionelle Idee aufnehmen, um das Interesse potenzieller Deutschlandreisender zu wecken.
Zum GTM selbst reisen viele Gäste aus aller Welt an. Wie vermitteln Sie das Thema Nachhaltigkeit konkret?
Nicht nur die Themen sind „grün“ beim GTM. Die gesamte Veranstaltung wird seit 2012 bereits als Green Event umgesetzt. Das Konzept berücksichtigt Nachhaltigkeit, Umwelt- und Klimaschutz sowie Barrierefreiheit. Das beginnt schon bei der Auswahl der Gastgeberregion, die in ihrer Bewerbung Nachhaltigkeitskriterien detailliert berücksichtigen muss. So sollen Veranstaltungsorte und Tagungshotels möglichst fußläufig oder mit öffentlichen Verkehrsmitteln erreichbar sein. Bei der Veranstaltungsorganisation kommt für die Messestände nur wiederverwendbares Mobiliar zum Einsatz, außerdem energieeffiziente Veranstaltungstechnik und Ökostrom aus der Region. Für die Anreise der Teilnehmer stellen wir gemeinsam mit der Deutschen Bahn Kongresstickets zur Verfügung. Die CO2-Emissionen der Anreisen mit dem Flugzeug werden konsequent von uns über atmosfair kompensiert.
Der gesamte Einladungsprozess und das Teilnehmermanagement werden über ein digitales Event-Tool abgewickelt, laufende Informationen zur Veranstaltung online über eine App übermittelt. Für die Vereinbarung der Gesprächstermine ist ein Online Appointment System im Einsatz.
Und auch bei den Pre Convention Touren im Vorfeld des GTM und den Programmen für Trade und Journalisten während des Events steht Nachhaltigkeit ganz oben auf der Prioritätenliste: Anregungen für umwelt- und klimafreundlichen Urlaub prägen das Programm inhaltlich, bei der Reiseorganisation setzen wir von den Verkehrsmitteln bis zum Catering darauf, die eigenen hohen Maßstäbe zu erfüllen. Zur sozialen Verantwortung gehört auch das Thema Inklusion. Entsprechend sind auch Touren für mobilitätseingeschränkte Medienvertreter und Tour Operator fester Bestandteil unseres GTM-Konzeptes, das auch barrierefreie Angebote promotet.