AKTIV IST NICHT GLEICH AKTIV

75 Prozent der DMOs sind inzwischen in der Onlinebuchung aktiv. Der Teufel aber steckt im Detail. Ein Gespräch mit OBS-Geschäftsführerin Magdalena Lexa über die Tücken des Agenturgeschäfts, DMOs als Enabler und Ferraris, die nur in der Garage stehen.

Rund 75 Prozent der DMOs in Deutschland sind bereits in der Onlinebuchung aktiv. Ein guter Wert?

Tatsächlich sind inzwischen schon sehr viele bei dem Thema aktiv. Doch bedeutet aktiv nicht gleich aktiv. Eine Website mit Buchungsstrecke auf der DMO-Website bekommen alle irgendwie hin. Beim Channelmanagement allerdings, also dort, wo die Reichweite und die meisten Abschlüsse bei der Onlinebuchung herkommen, stoßen die meisten Tourismusorganisationen an ihre Grenzen. Kaum eine DMO hat die Ressourcen und das Know-how, für die Vermieter als Agentur zu fungieren. Ganz zu schweigen von den finanziellen Schwierigkeiten, die auftreten, wenn es zu Doppelbuchungen kommt.

Kommt es denn oft zu derlei Fehlern bei modernen Systemen?

Öfter als man denkt. Aber nicht wegen des Systems an sich, sondern weil wir Menschen sind!  Klassischer Fall: Ein Gast bucht bei Booking.com, reist an – doch der Vermieter ist plötzlich nicht mehr erreichbar. Der Gast ruft dann bei Booking an. Booking wiederum bei uns als Agentur. Wir als OBS versuchen dann ebenfalls vergeblich, den Gastgeber zu erreichen. Folge: Booking bucht den Kunden in ein Hotel um, das wegen der Kurzfristigkeit 900 Euro mehr kostet. Der Vermieter macht nun in der späteren Klärungsphase glaubhaft, dass er dem Kunden eine andere Telefonnummer per E-Mail geschickt hat. Ende vom Lied: Niemand will die 900 Euro bezahlen. Mit diesem Agentur-Alltag umzugehen, gehört nicht zum Kerngeschäft von Tourismusorganisationen.

Nur mit dem Betrieb eines Buchungssystems ist es also nicht getan.

Nein. Bloß eine Buchungsstrecke auf der Website zu betreiben, das ist, als würde man sich einen Ferrari kaufen, aber nur Radio in der Garage hören. Wer die PS des Systems auf die Straße bringen will, braucht jemanden, der sich mit dem Fahrzeug auskennt und – um in Bild zu bleiben – das Rennen auch gewinnen will. Wir als OBS haben drei Kernfelder, bei denen wir Destinationen unterstützen: Erstens gewinnen wir durch Akquise und das Geben von Information Gastgeber, die mitmachen. Zweitens nehmen wir das Buchungssystem in Betrieb. Drittens steuern wir das Channelmanangement und haben die Agenturverträge mit Booking.com, Airbnb, HRS, Expedia und vielen mehr. Bei jährlich rund 200.000 abgewickelten Buchungen und 70 Millionen Euro vermitteltem Umsatz haben wir mit allen Vertriebspartner schon diverseste Erfahrungen gemacht, wenn es zu Doppelbuchungen oder anderen Problemen kommt.  

Worauf legen Sie bei der Arbeit besonderen Wert?

Zum einen schauen wir uns als Dienstleister und Partner der DMOs permanent an, wie deren Angebote performen und optimieren im laufenden Prozess. Der in unseren Augen größte Schlüssel zum Erfolg für ein Angebot, ist aber nicht die Buchungstechnik im Hintergrund, sondern das, was man sieht – also die Präsentation. Wir haben uns deshalb stark im Bereich Content und „Home Staging“ weiterentwickelt. Wir haben für Gastgeber hierfür zum Beispiel eine eigene 14-tägige Online-Schulungsreihe, die sehr gut angenommen wird.  Dort erfährt man, wie man mit den richtigen Fotos und Beschreibungstexten zum Blickfang wird, aber auch, welche Marketingtools es zum Beispiel auf Booking.com gibt, oder wie man seine Unterkunft fit für Gäste mit E-Autos macht.

Die OBS galt wegen ihrer Historie lange als Spezialist für DMO in ländlichen Räumen. Gilt das immer noch?

Wir sind ein Spezialist für die Bedürfnisse von DMOs, weil wir aus der Historie selbst als Spin-off aus dem TVB Ostbayern hervorgegangen sind. Wir sind seit Anfang an Anbieter und Anwender zugleich, was uns vom Mindset her sicher von reinen Technologieanbietern unterscheidet. Wir verstehen zum Beispiel, wie wichtig es für DMOs ist, als Enabler wahrgenommen zu werden. Um das zu unterstützen, sind Buchungen bei uns zum Beispiel so gebranded, dass sie für die Vermieter sichtbar aus dem System der Destination kommen. Der überwiegende Teil unserer Kunden sind Regionen außerhalb der großen Zentren. Aber auch Städte gehören inzwischen zu unseren Kunden. Und ein Vorteil, den wir in jedem Fall haben: Wir können auf mehreren Systemen arbeiten. Wer als Region zum Beispiel auf TOMAS my.IRS, feratel Deskline oder regional auch mit myWinTOP arbeitet, kann jederzeit mit uns starten.

Wie sollten Destinationen vorgehen, wenn Sie mit dem Thema starten wollen?

In jedem Fall sollte man versuchen, sich einen Überblick darüber zu verschaffen, wie aktiv die Gastgeber in der Region vielleicht selbst schon bei dem Thema sind – oder nicht. Aus der Vermieterstruktur kann man dann eine Strategie zum weiteren Vorgehen entwickeln. Und ganz wichtig: Man sollte ehrlich zu sich selbst sein, wenn man das nicht leisten kann und sich ggf. einen guten Partner an die Seite holen.


19.06.23