Der Campingmarkt hat sich lange gegen die Digitalisierung gewährt. Doch Corona und der Trend zu Chalets und Mobile Homes haben neue Gästegruppen auf die Plätze gespült – und die wollen online buchen. Feratel macht dem Markt jetzt mit seinem neuen Start-up onlinejungle.camp ein Angebot auf technisch hohem Niveau.
Das Thema Camping flog lange unter dem Radar. Die Mischung aus Selbstversorger-Idylle und Sparsamkeit gepaart mit einem Hauch Spießbürgerlichkeit und Gasgrill machten es großen Teilen der deutschen Bevölkerung lange schwer, sich für das Segment zu begeistern. Allen voran Akademiker zog es traditionell nicht mit Wohnwagen oder anderen Freizeitmobilen auf Plätze, wo statt der Neugier auf die Ferne jene Deutschtümelei samt Flaggen und Gartenzwerg-Romantik konserviert wurde, vor der man sonst mit dem Flugzeug floh. Doch dann kam Corona.
Plötzlich war der autarke Urlaub bei allen Schichten angesagt. Und in Kombination mit dem Trend, dass
immer mehr Plätze schon in den Jahren vor der Pandemie damit begonnen hatten, als Erweiterung ihres Angebots in Mobile Homes, Glamping-Zelte, Chalets, Schlaffässer etc. zu investieren, veränderte sich die
Gästestruktur schlagartig – und nachhaltig.
Doch die neuen Gäste haben neue Ansprüche und Erwartungen im Gepäck. In ihren hippen funktionalen
Bullis – kritisch beäugt von der alten Garde vor ihren Südwind-Wohnwagen mit überdimensionalen Vorzelten – sind sie es aus der Hotellerie gewohnt, ohne Mittagspause flexibel einzuchecken, bestimmte gastronomische Standards vorzufinden und natürlich im Internet Preise zu vergleichen und online zu buchen. Wahrscheinlich hätte sich das ADAC-Portal PiNCAMP viele Millionen Euro sparen können, wäre es erst ein paar Jahre später gegründet worden: Trotz großem Engagement seit 2018 sind immer noch 86 Prozent der Plätze in Deutschland nicht online buchbar.
„Nur, wenn die Plätze endlich selbst beginnen, sich in der Online-Vertriebswelt breiter aufzustellen, können sie der Befürchtung entgegenwirken, dass es im Camping irgendwann einen so dominanten Player wie Booking.com geben könnte.“
Im Vergleich mit unseren Nachbarn und anderen wichtigen Camping-Ländern ist Deutschland in Sachen
Onlinebuchbarkeit uneinholbar Schlusslicht. In der Schweiz sind 70 Prozent der Plätze direkt online buchbar, in Österreich 80 Prozent und in Italien und Kroatien nahezu 90 Prozent. Doch das Potenzial in Deutschland ist gewaltig: Deutschland ist mit 1,4 Millionen zugelassener Campingfahrzeuge führend in Europa. Jeder vierte Bundesbürger zieht aktuell einen Campingurlaub in Betracht. Und mit 40 Millionen
Übernachtungen im vergangenen Jahr hat sich das Buchungsvolumen auf den deutschen Plätzen seit 2003 verdoppelt.
Dass feratel media technologies gerade jetzt sein Spin-off Online.Jungle gründet, um das Segment aufzubohren, ist also kein Zufall. Denn nicht nur neue Gästegruppen sind auf einmal da. Auch bei den Plätzen selbst findet gerade ein Umdenken statt: „Immer mehr Betreiber gehen dazu über, die Zahl der Dauercamper, die auf deutschen Plätzen teils bis zu 45 Prozent der Stellflächen belegen, zu reduzieren
oder sogar ganz zu streichen“, sagt feratel-Geschäftsführer Rainer Egen. Die Chance auf großen Umsatz sei inzwischen „deutlich größer als das Bedürfnis, über eine Grundbelegung mit stark rabattierten Pachtgebühren die Fixkosten zu decken“, so Egen.
Ein Fehler der Vergangenheit ist vielleicht gewesen, Deutschland mit anderen Ländern zu vergleichen. Denn während Länder wie Kroatien das Thema Onlinebuchung von 2014 bis 2020 teils mit hohen EU-Subventionen und in der Positionierung als starke Ländermarken gelöst haben, „ist Deutschland die Digitalisierung auf der touristischen Organisationsebene angegangen“, so Egen.
Mit onlinejungle.camp verfolgt feratel daher jetzt einen anderen Ansatz. „Anstatt dass wir uns anmaßen den Campingplätzen die digitale Welt erklären zu wollen, haben wir die ersten drei Monate unserer Geschäftstätigkeit erst mal darauf verwendet, zuzuhören und herauszufinden, was die einzelnen
Marktteilnehmer brauchen“, sagt Katharina Gerigk, Geschäftsführerin onlinejungle.camp GmbH. Herausgekommen ist eine neutrale Lösung, deren Fokus auf den Themen Technik und Unterstützung liegt. „Wir sind kein Portal!“, unterstreicht Gerigk.
Technisch gesehen kann das Spin-off aus dem seit Jahren etablierten System feratel Deskline aus dem
Vollen schöpfen. Das System verfügt bereits über mehr als 150 Schnittstellen, darunter auch zu mehreren bekannten Camping PMS wie Easycamp und Dirs21. Dazu kommen 83 Channelmanager-Anbindungen zu
namhaften Playern wie Secra, Bookiply oder Booking Expert. „Diese Reichweite in Kombination mit der
Möglichkeit des Vertriebs auf den Websites von über 4.000 angebundenen feratel-Destinationskunden sind aus unserer Sicht ein echter Mehrwert für die Campingplätze“, sagt Rainer Egen.
„Ein großer Wunsch an die DMOs, Verbände und Plätze wäre, dass wir gemeinsam einen Standard definieren, der gleichzeitig ein erster Schritt in Richtung dynamische Preisgestaltung und Revenue Management im Camping-Segment ist.“
Dass das Know-how bei der Thematik auf Deutschlands Plätzen sehr unterschiedlich ist, wird entsprechend berücksichtigt. Große, bereits gut distribuierte Plätze haben die Möglichkeit, eine 360° Analyse anzufragen und mit onlinejungle.camp gemeinsam Optimierungsmöglichkeiten zu eruieren. Campingplätze, die erst mit der Onlinebuchung starten möchten, bekommen eine einsatzfähige Lösung und auf Wunsch auch Schulungen. „Und wer sich aus Zeit- oder Personalmangel gar nicht mit dem Thema auseinandersetzen möchte, hat die Möglichkeit, den Vertrieb nach gemeinschaftlicher Definition der Ziele komplett an uns auszugliedern“, erklärt Gerigk.
Die wahrscheinlich größte Hürde zum Erfolg? Die Preisgestaltung im Campingsegment. „In einem
Gespräch mit einem PMS-Anbieter für Campingplätze mussten wir lernen, dass dessen 300 Kunden 350
verschiedene Arten haben, ihre Preislisten zu gestalten“, so Egen. Nicht zu vergessen: die teils schlechte Qualität vorhandener Systeme auf den Plätzen, die Angst der Platzbetreiber vor einem Kontrollverlust über ihr Inventar durch die Onlinebuchung sowie der Fakt, dass Provisionszahlungen und Listing-Gebühren den Umsatz in der Hochsaison mindern können. Doch gibt es Alternativen zur Onlinebuchung, die in die Zukunft weisen? Nein. Es wird es für das Segment also höchste Zeit, sich endlich auf den Weg zu machen.
Dieses Interview ist im neuen TN-Deutschland Magazin erschienen.
Das ganze Magazin zum Nachlesen gibt es HIER