Ein Gespräch über die Erfolgsfaktoren von Köln als Destination, Städtetourismus als ganzheitliche Aufgabe und die Notwendigkeit für eine moderne DMO, sich auf allen Kanälen durch qualitative Informationen von anderen Quellen abzugrenzen.
Frau Kleine Klausing, der Tourismus in Köln hatte vergangenes Jahr wieder ein überdurchschnittliches Wachstum. Bitte ordnen Sie das für uns noch einmal ein.
2017 war ein Rekordjahr mit 6,24 Millionen Übernachtungen und 3,59 Millionen Ankünften. Im Vergleich zu 2016 registrierten wir damit 7,3 Prozent mehr Ankünfte und einen Zuwachs von 8,1 Prozent bei den Hotelübernachtungen. Einen überproportionalen Anstieg gab es 2017 bei den Zuwächsen aus dem Ausland – plus 8,9 Prozent bei den Gästen und plus 9,2 Prozent zusätzliche Übernachtungen. Gut ein Drittel unserer Gäste ist inzwischen international, zwei Drittel kommen aus Deutschland. Im Schnitt der letzten fünf Jahre liegen wir insgesamt mit einer Steigerung von 23,2 Prozent bei den Übernachtungen deutlich über dem Durchschnitt im Deutschlandtourismus. Auch der Kölner Tagungs- und Kongressmarkt boomt mit mehr als vier Millionen Teilnehmern 2017 und 49.521 Veranstaltungen. Unser Cologne Convention Bureau hat aktuell, im Jahr seines 10-jährigen Bestehens, eine Studie zur Wirtschaftlichkeit des Meetingmarktes herausgebracht, die die Wertschöpfung für die Stadt auf 534 Millionen Euro pro Jahr beziffert. Man kann also sagen, dass Köln im Gegensatz zu anderen Metropolen sowohl bei Business- als auch bei Freizeitreisenden in zunehmendem Maße Interesse weckt.
Neben den klassischen City-Kampagnen, die die Highlights in den Fokus stellen, haben Sie im Marketing mit #urbanCGN auf das Thema Kreativität gesetzt. Wie kam es dazu?
Diese Kampagne lief über zwei Jahre und zielte auf Gäste wie Einheimische gleichermaßen. Und wir werden das Thema auch weiterspielen. Nur so erreicht man Nachhaltigkeit. Bei #urbanCGN geht es darum, Kölns Kreativszene mit Sparten wie Musik und Festivals, Street Art, Kunst und Design zu zeigen und sie touristisch erlebbar zu machen. Das zu tun bedeutete anfangs langwierigen Kontaktaufbau in die Szene und durchaus auch Überzeugungsarbeit zu leisten, dass wir nur ‚Re-Teller‘ der besonderen Geschichten sein wollen. Wir mussten auch erst einmal einigen Leistungsträgern erklären, was Kreativwirtschaft mit Tourismus zu tun hat. Die Kampagne lief überwiegend online und in unserem Blog, es gibt aber auch zwei Ausgaben eines englischsprachigen Magazins, hidden cologne, das in Zusammenarbeit mit dem lokalen StadtRevue Verlag nicht nur vom Look and Feel her ein echtes Szene-Magazin geworden ist. Und was der Kampagne natürlich gut getan hat war, dass parallel das Projekt #urbanana lief und läuft, das NRW als Destination für Urban Lifestyle in Szene gesetzt hat. Da konnten wir unsere hochwertigen Inhalte auf eine weitere Ebene bringen.
In diesem und im nächsten Jahr läuft mit Culinary Cologne wieder eine Themenkampagne. Was gibt es hierzu zu sagen?
Auch hier gilt wieder, dass es zwar unser wichtigster Auftrag ist, Gäste für Köln zu begeistern. Aber wir machen das auch für alle kulinarik-begeisterten Kölner. „Culinary Cologne“ macht die kulinarische Vielfalt Kölns touristisch erlebbar. Aktuellen Studien zufolge hat das Thema Essen und Trinken eine steigende Relevanz als Reisemotiv. Im kulinarischen Angebot einer Stadt spiegelt sich deren Vielfalt und auch die Lebensart der Bevölkerung wider. Köln hat diesbezüglich für alle Geschmäcker etwas zu bieten, es gibt 3.000 gastronomische Betriebe aus 180 Nationen – vom Brauhaus über Streetfood bis zur Sterneküche. Das alles will der Gast aber nicht zufällig entdecken. Er braucht im Vorfeld qualitative und geprüfte Informationen. Um das Angebot zielgruppengerecht zu kommunizieren, bespielen wir verschiedene Kanäle, zum Beispiel den Blog visit.koeln. Wir sind also Mittler, Netzwerker, Multiplikator und Zusammenbringer. Zum Beispiel ist durch die Kampagne und mit uns die Idee zu einem Gourmetfestival entstanden. Im Spätsommer nächsten Jahres wird es so erstmals die „Fine Food Days Cologne“ geben.
Sie haben eben gesagt, dass der Gast Dinge nicht zufällig erfahren möchte. Wo bekommt denn der Gast über Sie heute überall Informationen – und welche Services bieten Sie?
Das Wichtigste ist, dass KölnTourismus als ein Partner und Ansprechpartner wahrgenommen wird, der qualitativ hochwertige Informationen und Inhalte bereitstellt. Es geht uns also auf allen unseren Kanälen immer um hilfreiche Antworten. Das und die generelle Zweisprachigkeit des Contents ist die erste Abgrenzung zu den vielen anderen Quellen, die über Köln informieren. Und neben unserer Website, einem Call-Center und den Sozialen Medien ist nach wie vor unser Service-Center gegenüber dem Dom an 364 Tagen im Jahr eine wichtige Anlaufstelle für hunderttausende Menschen. Der persönliche Kontakt ist auch in Zeiten der Digitalisierung ein wichtiger Faktor. Trotzdem schauen wir natürlich immer, welche neuen Kanäle in der Gästekommunikation Sinn machen könnten. Wir beschäftigen uns also mit Themen wie Alexa und Chatbots. Die Herausforderung besteht meiner Meinung nach darin, zur möglichst passenden Gelegenheit Informationen anzubieten, aber auch nicht zu überfordern. Das ist ein echter Spagat.
Was bedeutet für Sie modernes Destinations-Management?
Wie Ihre Frage schon richtig sagt, geht es heute nicht mehr nur um Destinations-Marketing, sondern um -Management. Da ist es einmal die (positive) Kommunikation über die Stadt. Auf allen Kanälen. Hier geht es immer mehr darum, die echten Geschichten der Stadt zu erzählen. Dann ist es wichtig, den Rahmen für ein Miteinander zu schaffen, um so auch möglichen Konflikten vorzubeugen. Dafür bringt eine moderne DMO alle Beteiligten an einen Tisch: Leistungsträger und Touristiker ebenso wie Politik und die Menschen, die hier leben. Standortmarketing und Tourismusmarketing fließen immer mehr ineinander. Und auch hier geht es um Qualität. Um Qualität von Produkten und Veranstaltungen, aber auch um qualitatives statt quantitatives Wachstum. Die Aufgaben und Themen haben in den letzten Jahren immer weiter zugenommen. Die neuen Kommunikationskanäle, Datenmanagement, Onlinevertrieb und vieles mehr leisten wir teils im Schichtbetrieb mit 59 Vollzeitstellen. Das sind aber nur zwei mehr als 2004. Und mit Blick auf die Kampagnen: Diese entstehen inhouse. Wir arbeiten in der Regel ohne Agenturen.
Abschlussfrage: Wie sieht der Städtetourismus der Zukunft aus?
Er wird eine wichtige Rolle für Köln und für den Deutschlandtourismus allgemein spielen. Von Zuständen wie in Venedig sind wir noch weit entfernt, aber das Stadtleben verändert sich. Die Menschen, Einheimische wie Gäste, erschließen sich heute Räume ganz anders. Zum Beispiel wollen sich immer mehr Leute draußen aufhalten, also vor Restaurants und Cafés oder auf Plätzen sitzen, statt drinnen. Der urbane Raum wird mediterraner. Das schafft neue Herausforderungen, weil es das Zusammenleben betrifft – und auch den Tourismus. Dialog wird also im Städtetourismus wichtiger denn je, um Spannungen vorzubeugen. Touristen verhalten sich immer mehr wie Einheimische, bewegen sich also inzwischen auch auf teils ganz anderen Routen durch die Städte. Auf das alles müssen wir achtsam reagieren, um für Gäste und Einheimische ein positives Stadterlebnis zu schaffen. Dafür müssen wir vom kleinen Festival bis zum Großevent alles im Blick haben.