Ein Gespräch über die wichtige Rolle der DMOs beim Thema Online-Vertrieb, warum die OBS als Spezialist für Destinationen im ländlichen Raum alles auf die DMO labelt, und wie man die Gastgeber einer Region als Manager an die Hand nehmen muss, damit sie erfolgreich den Weg ins Netz finden.
Herr Dr. Braun, Sie rollen mit der OBS gerade ein bundesweites Full-Service betreutes Buchungssystem aus. Was unterscheidet Ihr Angebot von anderen?
Wahrscheinlich zuallererst die Tatsache, dass wir das Konzept zum erfolgreichen Betrieb eines Buchungssystems für unsere Destinationen in Ostbayern selbst entwickelt haben und daher die spezifischen Anforderungen und Mechanismen aus dem Innenleben und Alltag einer DMO heraus kennen. Erst in einem weiteren Schritt haben wir dann immer mehr Anfragen von anderen Destinationen bekommen, ob wir sie nicht unterstützen könnten. Die OBS OnlineBuchungService GmbH ist eine 100-prozentige Tochtergesellschaft des Tourismusverbandes Ostbayern. Besonderes Know-how haben wir daher sicherlich im ländlichen Raum, wo es bundesweit viele Destinationen mit vergleichbaren Strukturen gibt – und wo Stand heute noch deutlich weniger als 30 Prozent der Gastgeber online buchbar sind. Wobei wir auch Städte betreuen.
Was heißt genau betreuen?
Wir haben bei uns in Ostbayern als Tourismusverband gelernt, dass Gastgeber und kleinere DMOs allein oft nicht den Weg ins Netz finden, Berührungsängste haben und sich die Umsetzung selbst nicht zutrauen. Wir haben die OBS deshalb als Full-Service-Agentur konzipiert. Heißt: Wir liefern nicht nur die Technik, sondern unterstützen auch DMOs die bereits ein Buchungssystem in Betrieb haben in allen Bereichen, in welchen diese aufgrund Ressourcenmangels Unterstützung benötigen. Wir beraten beim Content, den es braucht, schreiben Texte, wenn gewünscht, beraten bei der Preisfindung und helfen aktiv dabei, die Gastgeber in den Regionen erst einmal richtig abzuholen. Und ganz wichtig: Wir branden alles auf die DMO! Jede Buchungsbestätigung zum Gastgeber trägt das DMO-Label. Die DMO wird also sichtbar als derjenige, der das alles möglich macht, selbst wenn die Buchung über Booking.com kommt. Der Imagegewinn für die Tourismusorganisationen ist in den von uns betreuten Regionen deutlich spürbar.
Und was genau heißt das, eine DMO richtig abzuholen?
Zunächst schauen wir uns gemeinsam mit der DMO den IST-Stand an. Dann analysieren wir das und entwickeln darauf eine Akquise-Kampagne. Dazu gehören Vermieter-Versammlungen, individuelle Termine mit den Gastgebern in den Tourist-Informationen oder Individualberatungen in den Betrieben, um Schwellenängste abzubauen. Dafür haben wir ein eigenes Akquise-Team, das die richtigen Argumente auf die wichtigen Fragen weiß. Aber wir machen auch Newsletter-Kampagnen oder postalischen Informationsversand. In dieser entscheidenden Phase sind wir an der Seite der DMOs. Und dass es funktioniert, zeigt die Tatsache, dass wir inzwischen 2400 Bertriebe betreuen und jeden Monat rund 60 Betriebe neu dazubekommen. Mittlerweile vermittelt die OBS monatlich zwei Millionen Euro Umsatz. Das entspricht rund 9000 Buchungen.
Eine Stärke des OBS-Systems ist auch das Channel-Management, was können Sie dazu sagen?
Alle verfügbaren Kontingente werden auf allen Kanälen nach dem First-Come-Prinzip ausspielt. Die Palette reicht von Booking.com über Airbnb bis zu Spezialkanälen, die zum Beispiel nur Ferienwohnungen anbieten. Wir greifen nicht steuernd ein. Alle Portale haben Zugriff. Unser Ziel ist ja, das Buchungsvolumen zu erhöhen. Woher die Buchung am Ende kommt ist erstmal zweitrangig. Wir arbeiten seit mehreren Jahren mit dem System TOMAS der my.IRS. Wichtig ist, dass das System funktionierende Schnittstellen zu sehr vielen Buchungsplattformen bereitstellt. Gerade starten wir mit dem System deskline von feratel ein Pilotprojekt und können damit unsere Dienstleistung über ein weiteres System anbieten. Gerade das Channelmanagement stellt die Destinationen, die bereits eine Buchungsystemlösung haben vor die größte Herausforderung. Da sind wir als Experten gefragter Partner.
Was für Erfahrungen konnten Sie mit Destinationen bereits sammeln?
In Bayern arbeiten wir aktuell für 30 Destinationen, also in etwa für die Hälfte der bayerischen Tourismusregionen. Dabei haben wir sowohl bestehende, nicht funktionierende Buchungssysteme abgelöst, als auch unsere Lösung neu ausgerollt. Die wichtigste Erfahrung für uns ist, dass es nur dann Sinn macht, das Thema Onlinevertrieb und Betrieb eines regionales Buchungssystems anzugehen, wenn das Produkt für den Gastgeber stimmt. Damit meine ich, dass das System für den Gastgeber einerseits buchungsstark, andererseits leicht zugänglich, verständlich und bedienbar sein muss. Dies kann nur durch ein ausgereiftes Channelmanagement mit einer Vielzahl an angeschlossenen starken Vertriebsplattformen erfolgen.
Online-Vertrieb ja oder nein – für viele DMOs ist das eine Grundsatzfrage. Gerade im ländlichen Raum. Warum sollte man es also machen?
Der Tourismus im ländlichen Raum ist geprägt von Vermieterstrukturen im kleinteiligen Segment und gerade hier haben wir, was das Thema Onlinevertrieb angeht, noch große Defizite. Umso mehr die Nachfrage auf dem Onlinereisemärkten nach diesen Produkten steigt, desto mehr muss ich mir als Destinationsmanager die Frage stellen, ob ich meinen Vermietern Unterstützung anbiete – oder den Markt sich selbst regulieren lasse. Entscheidet man sich für letzteres, so birgt das aber das Risiko, dass ich mit der Präsenz meines Destinationsangebots im Netz zukünftig nicht mehr wettbewerbsfähig bin und mein Onlinemarketing mangels zu wenig buchbarer Produkte im Internet ins Leere läuft. Sich der Problematik annehmen, bedeutet dagegen eine entstehende positive, enge Bindung zu den Leistungsträgern. Gleichzeitig rate ich aber jeder DMO davon ab, das Thema halbherzig anzugehen. Sind die nötigen Personal-, Knowhow- oder Finanzressourcen nicht aufzubringen, sollte man sich besser auf eine Kooperation mit einem Dienstleiter wie wir es sind konzentrieren.
Wohin entwickelt sich der Markt? Und was für Trends lassen sich vielleicht beim Buchungsverhalten der Gäste ablesen?
Die Nachfrage nach online buchbaren Ferienhäusern und -wohnungen steigt stetig, aber auch gerade die authentischen, inhabergeführten Unterkünfte wie Gasthöfe, Pensionen und Hotels mit persönlicher Note werden nachgefragt. Portale wie Airbnb boomen, weil unsere Gäste den Bezug und den persönlichen Kontakt zu den Menschen hinter den Objekten kennenlernen wollen. Genau hier können wir punkten und sehen ein großes Potential in unseren Vermieterstrukturen, die auch das Herz und den Charm des ländlichen Tourismus ausmachen.