THOMAS HAARMANN, GESCHÄFTSFÜHRER ELAVON DEUTSCHLAND

Ein Gespräch über den Trend zu digitalen Zahlungsmitteln, die Gewissheit, dass Mobile Payment im Ausland bereits Alltag ist, und warum sich die Tourismus- und Freizeitbranche in Deutschland echter Umsätze beraubt, wenn sie sich weiter großflächig der Akzeptanz international bekannter Kreditkarten verweigert.


Herr Haarmann, immer mehr Touristen reisen aus dem Ausland nach Deutschland. In den USA ist das mobile Bezahlen via Apple oder Google Pay bereits Alltag, auch in China via WeChat und Alipay. Wie viele Jahre hinkt Deutschland denn China in der Entwicklung hinterher?

Wenn man die Historie betrachtet, ist Deutschland noch nie ein Markt gewesen, in dem kartenbasiertes Zahlen dominiert hat. Im Gegenteil. Im Vergleich zu anderen Europäischen Staaten bildet Deutschland das Schlusslicht wenn es um digitales Zahlen geht. 75 Prozent aller Zahlungen, die wir bundesweit über unsere Kassensysteme abwickeln, sind nach wie vor Barzahlungen. Ein sehr großer Anteil davon sind Kleinstbeträge. Nur 25 Prozent sind kartenbasierteBuchungen. In UK dagegen sind 65 Prozent aller Zahlungen kartenbasiert. Im nördlichen Europa sind es mehr als 80 Prozent. Aber auch in Deutschland sehen wir einen positiven Trend in Bezug auf Zahlungen mit „Karte“. Diesem Trend können Apple Pay, Google Pay etc. sicherlich einen Schub verleihen. Vielleicht dienen die neuen Instrumente auch dazu, die bisher eher konsertive Haltung der Deutschen zum bargeldlosen Zahlen etwas aufzubrechen. Denn in der Vergangenheit waren Sicherheit, Datenschutz und ähnliche Argumente die angeführten Gründe, warum der Hang zum Bargeld überwog.

 

Welche Vorteile haben Kunden, wenn sie elektronisch bezahlen?

Das mobile Bezahlen mit dem Handy gibt den Karten gerade einen richtigen Schub. Ihrem Smartphone vertrauen die Leute. Der tägliche Umgang damit ist den Menschen in Fleisch und Blut übergegangen. Man vergisst eher mal seine Brieftasche als sein Handy. Das sagt eigentlich alles. Im elektronischen Wallet sieht der Kunde dann jederzeit sein verbleibendes Guthaben, er hat also die Kontrolle über seine Ausgaben. Gäste aus dem Nicht-Euro-Raum schätzen es zudem, dass sie in ihrer Währung bezahlen und sich bei der Ausreise die ausgewiesene Mehrwertsteuer erstatten lassen können. Das lästige Umrechnen entfällt. Gleichzeitig hat man immer alle Belege digital dabei. Das ist einfach ein guter Service. Gleichzeitig steigen das Tempo und die Möglichkeiten am Point of  Sale – womit wir auf der Anbieterseite wären.

 

Welche Vorteile hätten touristische Leistungsträger, wenn sie elektronische Bezahlverfahren möglich machen?

Sie schneiden sich zunächst einmal nicht von möglichen Umsätzen ab. Amerikaner oder auch viele Asiaten sind es gewohnt mobil oder mit Kreditkarte zu bezahlen. Wenn ich also mehr internationale Gäste in meiner Destination möchte – und nicht will, dass sie frustriert wieder abreisen –, dann zwinge ich sie nicht, zum Bargeldautomat gehen zu müssen. Außerdem gibt man doch gerne im Urlaub auch spontan Geld aus. Kann der Gast dann nicht bezahlen, weil entweder seine Kreditkarte oder mobilen Dienste nicht akzeptiert werden, dann klingelt es eben nicht in der Kasse. Zumal es unverständlich ist, dass sich immer noch viele Leistungsträger, viele verrückterweise in der Hauptstadt Berlin, dagegen sperren. Denn die Kosten für die Abwicklung sind bei mehr Leistung stark gesunken in den letzten Jahren. Im Onlinebereich, also digitalen Shop-Systemen, sieht es dagegen schon deutlich besser aus. Eintrittskarten für Museen, das Leihen von Citybikes, Hotelaufenthalte, das Buchen von Stadtführungen etc. – das findet eine immer größere Akzeptanz. Für Leistungsträger ist das auch gut: Denn je besser ich meine Auslastung schon vorher weiß, desto besser kann ich disponieren.

 

Wird mobiles Payment mittelfristig die Kreditkarte verdrängen?

Der technische Standard dahinter ist zunächst einmal der Gleiche. Der Kontaktlos-Standard bekommt intern nur eine andere Kennung. Damit ein technischer Trend durchschlägt, muss die Zeit dafür reif sein. Und ich denke: Das ist sie. Denn die Vorteile sind groß: Keine Zettelwirtschaft mehr mit den Belegen. Kunden können schnell nachschauen, in welchen Geschäften sie waren und was sie gekauft haben. Und wenn man es richtig nutzt, kann man beispielsweise zur Restaurantrechnung gleich noch den Link zur Website ablegen. Wenn man dann mal überlegt, wo man gut gegessen hat, findet man es gleich.

 

Große Handelsunternehmen haben Experten, die sich mit Omnichannel, Multichannel- und dem Thema Online-Pureplayer beschäftigen. Was aber soll ein kleines Hotel oder Restaurant tun – die müssen doch Angst bekommen, wenn sie mit solchen Begrifflichkeiten traktiert werden?

Hinter diesen Fachbegriffen steckt tatsächlich viel Know-how. Wir unterstützen Betriebe deshalb dort, wo sie vertriebsseitig hinwollen. Wir haben Lösungen, um Angebote im Internet überhaupt erst einmal bezahlbar zu machen. Wir haben Check-out-Lösungen für die Hotellerie. Und natürlich haben wir Lösungen für mobile Bezahldienste. Omnichannel heißt jetzt, dass wir all diese Bezahldaten für den Kunden und den Betrieb an einer Stelle auch wieder zusammenführen, damit man sich nicht an fünf unterschiedlichen Stellen einloggen muss, um den Überblick über seine Einnahmen bzw. Ausgaben zu behalten.

 

Elavon ist global einer der zehn größten Paymentdienstleister mit mehr als 500 Milliarden Dollar, die über Ihr System abgewickelt werden. In Deutschland sind Sie noch eher unbekannt, warum?

In Deutschland gab es, verglichen mit anderen Ländern, lange keine große Akzeptanz für Kreditkarten. Selbst heute werden hier nur 10 bis 15 Prozent aller Zahlungen so abgewickelt. Das Kreditkartengeschäft war aber lange unsere eigentliche DNA, weshalb wir in anderen Märkten viel bekannter sind, auch wenn wir die Verarbeitung der deutschen girocard seit vielen Jahren umfangreich unterstützen. Wir investieren seit einiger Zeit mehr in Marketingmaßnahmen, um den Bekanntheitsgrad von Elavon zu erhöhen und unsere Position in Deutschland zu stärken. Diese Maßnahmen zeigen bereits erste Erfolge.

 

Elavon hat trotzdem bereits namhafte touristische Kunden. Für wen sind Sie hier zum Beispiel tätig?

Einige bekannte Brands sind neben Motel One zum Beispiel NH Hotels, arcona Management GmbH und PROVENT Hotels. Auch mit dem Dehoga arbeiten wir zusammen.

 

Mastercard bietet Regionen beispielsweise inzwischen an, anonymisierte Zahlungsprofile zu erstellen. Also eine Analyse welche Ausgaben wann wo in einer Destination getätigt wurden. Können Sie das auch?

In Zusammenarbeit mit den Kartenschemes, ja. Aber es sind, wie sie schon richtig sagen, immer anonymisierte Daten. Was wir schon häufig machen ist, die Daten eines Kunden in Bezug auf das Herkunfstland der kartenherausgebenden Bank näher zu analysieren und mit dem Kunden zu besprechen. Auch ein generischer Vergleich zu etwa Mitbewerbern ist möglich. Wohlgemerkt, immer anonymisiert. Perspektivisch werden wir den Bereich Data-Analytics ausbauen. Dabei legen wir großen Wert darauf, dass es immer die Daten des Kunden sind und wir diese Daten für ihn schützen.

 

Werfen Sie bitte mal einen Blick in die Zukunft. Welche Payment-Trends sehen Sie und worauf müssen sich Tourismusregionen, Hotels und Restaurants in Deutschland einstellen?

Ich denke, die Touristik und die Regionen werden sich zügig den elektronischen Zahlungsmethoden öffnen. bzw. diesen Weg gemeinsam mit ihren Leistungsträgern gehen. Kundenorientiert zu denken heißt, die Themen individuelles und regionales Payment jetzt in den Blick zu nehmen. Wenn die Asiaten z.B. an AliPay hängen, dann dürfen unsere Geschäfte und Hotels das nicht ignorieren. Wir als Elavon richten unseren Fokus darauf, die für unsere Kunden relevanten Zahlarten zu unterstützen.