Ludger van Bebber, Geschäftsführer Airport Weeze

Herr van Bebber, auch wenn Air Berlin nicht ab Weeze fliegt: Könnte die aktuelle Entwicklung auch Ihr Geschäft beeinflussen?2016-10-10-22-41-38

Wenn sich in einem Segment so wie aktuell viel bewegt, ergeben sich immer Chancen. Und für uns können sich aus der Entwicklung nur Chancen entwickeln. Aber wegen der klaren Positionierung der Air Berlin zu Düsseldorf werden die Verschiebungen in NRW nicht so groß sein wie anderswo.

 

Was können Sie zum aktuellen Winterflugplan von Weeze sagen?

Wir sind ein saisonaler Standort. Im Vergleich zu den Spitzenzeiten im Sommer stehen im Winterflugplan weniger als die Hälfte der Flüge. Unser Flugplan ist geprägt von Sommerzielen im Süden Europas. Dort ist die Saison vorbei. Was uns aber freut: Ryanair wird weiter nach Mallorca fliegen – wenn auch mit reduzierter Frequenz. Palma ist für uns die wichtigste Strecke. Außerdem wird Beziers in Südfrankreich jetzt ganzjährig angeflogen. Zwei neue Ziele -Temeswar in Rumänien und Nis in Serbien – stehen erstmals im Winterflugplan.

 

Sind Sie zufrieden mit der Entwicklung des Flughafens?

Wir hatten bis 2010 ein höheres Verkehrsniveau als heute. Dann kam die Luftverkehrssteuer im Jahr 2011. Das hat uns als Low-Cost-Airport mit einem 40-Prozent-Anteil niederländischer Passagiere härter getroffen als andere. Aber wir haben hierauf eine Antwort gefunden und wieder die Balance zwischen Verkehrsmenge und Wirtschaftslage hergestellt. Wir schreiben gute Zahlen: Über sechs Millionen Euro operativer Gewinn und einen Jahresüberschuss von 2,3 Mio. Euro im letzten Jahr. Damit sind wir sehr zufrieden. Vielen anderen Regionalflughäfen fehlt diese Wirtschaftlichkeit. Als privates Unternehmen müssen wir ohne öffentliche Gelder nachhaltig arbeiten.

 

Doch es gibt Kritik, dass die Abhängigkeit von Ryanair zu groß ist.

Mit Ryanair hat sich der Airport frühzeitig auf die größte und erfolgreichste Low Cost Airline Europas fokussiert. Ohne diese klare Ausrichtung wäre der jetzige Erfolg in Weeze nicht denkbar. Wir haben gemeinsam in zwölf Jahren ein stabiles Catchment, eine große Kundschaft aufgebaut. Wir machen beide ein gutes Geschäft. Wir haben uns früh klar als Low-Cost-Flughafen positioniert, ein Geschäft, das man als Regionalflughafen ohne Ryanair gar nicht betreiben kann. Diese Marke hat viel Power, eine unglaubliche Effizienz und operative Exzellenz. Hätten wir auf andere Partner gesetzt, gäbe es uns heute vielleicht nicht mehr. Denn andere Airlines mussten in den letzten Jahren aufgeben. Auch der Umbau von Air Berlin hat einige Regionalflughäfen hart getroffen. Ryanair dagegen wächst und wächst.

 

Wie sieht das Geschäftsmodell des Flughafens Weeze aus?

Wir stehen auf mehreren Beinen. Mit dem reinen Aviation-Geschäft verdienen wir das wenigste Geld. Aber unser Non-Aviation- und das Immobilien-Geschäft auf dem Gelände entwickeln sich gut. Wir sprechen hier von 500 Objekten, die wir vermieten oder entwickeln. Unsere Gastronomie managen wir über Tochterfirmen komplett selbst, wir sind hier Herr der Wertschöpfungskette. Unsere insgesamt 7000 Parkplätze vermarkten wir ebenfalls rentabel. Gerade erst haben wir 1350 der terminalnahen Stellplätze überdacht, ein Angebot, das mehr erwirtschaftet und gut angenommen wird. Dazu haben wir die Carports auf einer Fläche von 25.000 Quadratmetern mit 15.296 Solarmodulen bestückt. Die Anlage hat eine Leistung von 4,05 Megawattstunden, dieser Ökostrom bringt gutes Geld. Fracht machen wir übrigens keine.

 

Wie sieht es im Bereich Events aus?

Hervorragend. Mit dem Electronic Dance Music -Festival „Parookaville“ sind wir letztes Jahr zum Beispiel mit 25.000 Besuchern schon toll gestartet. Doch dieses Jahr kamen 50.000!  Zusammen mit dem Rave „Q-Base“ und dem Obstacle Run „Mud Masters“ haben wir inzwischen drei große Events mit mehr als 100.000 Besuchern pro Jahr. Dazu kommen kleinere Veranstaltungen im Fahrsicherheitsbereich oder Filmsets, bei denen das Hangar-Ambiente beliebt ist. Der Rapper „Kollega“ hat hier zum Beispiel neulich gedreht.

 

Also haben Video-Drehs und Events auch fürs Image des Flughafens eine Bedeutung.

Sogar eine immense. Wenn 50.000 junge Leute zum Feiern kommen, dann wird rund um so einen Event in den sozialen Netzwerken eine Lawine losgetreten. Und das junge Publikum passt perfekt zu unserer Zielgruppe fürs Fluggeschäft. Aber wir versuchen nicht nur junge Menschen für den Airport zu begeistern. Mit unserem Produkt „Airport Weeze Reisen“, einer Kooperation mit einem örtlichen Reisebüro, haben wir dieses Jahr vier Gruppenreisen  geschnürt. Damit wollen wir zeigen, dass ein Low-Cost-Flug nur ein Baustein eines qualitativ hochwertigen Urlaubes ist. Wir bauen Vorurteile ab.

 

Wie bewerten Sie insgesamt die Situation der deutschen Regio-Airports?

Das ist vor Ort immer eine sehr emotional geführte Diskussion. Wie viele Flughäfen wir brauchen, ist genau genommen eine Frage des Geldes. Wie viele Flughäfen wollen wir uns als Gesellschaft leisten? Eine so kritische Diskussion gibt es um deutsche Bahnhöfe ja nicht, obwohl diese steuerfinanziert sind. Aber der Markt hat gewisse Mechanismen: Findet ein Standort keine Kundschaft, wird er irgendwann schließen. Zu kritisieren ist sicherlich, dass bei manchen Flughäfen, die nicht privat geführt werden, nach dem Prinzip „Therapie verlass mich nie“ verfahren wird. Unser Eigentümer fordert von uns ein Geschäftsmodell, das sich trägt. Die Niederlande haben übrigens verhältnismäßig genauso viele Flughäfen wie NRW.

 

Was ist der Schlüssel zum Erfolg in Weeze?

Unsere schlanke Struktur. Wir haben 82 Vollzeitangestellte – davon 32 bei der Feuerwehr. Ziehen Sie alle ab, die operativ für den Flugbetrieb gebraucht werden, bleiben in der Verwaltung gerade einmal zehn Leute. Das ist sehr schlank. Wir können schnell entscheiden – fast wie ein Startup.

 

Wo sehen Sie den Flughafen Weeze perspektivisch?

Zweieinhalb bis drei Millionen Passagiere sind möglich. Doch man muss ehrlich sein: So ein sprunghaftes Wachstum im Low-Cost-Bereich wie zwischen den Jahren 2007 bis 2010, als wir von 600.000 auf drei Millionen Passagiere hochgeschnellt sind, wird es nicht mehr geben. Wir haben damals zum richtigen Zeitpunkt dem Wachstum alles untergeordnet. Der Markt ist jetzt größtenteils verteilt.

 

Gibt es dennoch konkret Gespräche mit anderen Airlines?

Die gibt es immer. Aber ein neues Zielgebiet zu entwickeln muss Sinn machen – und darf nicht schon im Ryanair-Flugplan stehen. Denn diese Konkurrenz tut sich keiner an. Aber Sonnenziele wie Tunesien, Türkei, Ägypten jetzt anzugehen, fällt schwer. Da gehen eher Kapazitäten aus dem Markt.