Ein Gespräch über das boomende Segment der Ferienhäuser und -wohnungen in Deutschland, wie schnellere Buchungsentscheidungen die Services eines Onlineportals wie FeWo-direkt verändern und Zweckentfremdungsverbote, die ohne echte Datengrundlage aus dem Bauch heraus erlassen werden.
Herr Helsig, ihr Vermittlungsportal ist seit gut 20 Jahren am Markt. Was hat sich in dieser Zeit im Segment Ferienhaus und -wohnungen verändert?
Wir haben 1997 in Berlin mit weniger als 100 Inseraten angefangen. Der Internetvertrieb steckte damals noch in den Kinderschuhen. Heute haben wir zwei Millionen Unterkünfte in 190 Ländern weltweit über das HomeAway-Netzwerk online. Zu Beginn war es ein reines Ferienhausverzeichnis mit Inseraten deutscher Vermieter, deren Angebote und Kontakte wir interessierten Urlaubern vermittelten. Ab 2005, mit unserer Übernahme durch HomeAway, dem heutigen Weltmarktführer im Bereich Ferienhausvermietung, war dann die Maßgabe, ein Ferienhaus international so einfach buchbar zu machen wie ein Hotel. Die Entwicklung ging also von der Kontaktbörse hin zum Marktplatz mit Zahlungsabwicklung in verschiedenen Märkten.
Der Deutschlandtourismus boomt. Auch der Ferienhausbereich?
Ja. Das merken wir auch bei uns auf dem Portal. Das Angebot an verfügbaren Ferienimmobilien wächst kontinuierlich. Auch die Qualität steigt. Und nach dem jahrelangen Boom von Top-Destinationen an der Küste und in den Alpen wachsen jetzt die Mittelgebirgs- und Seenlandschaften stark. Interessant ist, dass es in der Breite zwar sehr viele gute, qualitative Angebote gibt. Trotzdem beobachten wir, dass Vermieter durchaus neue Kundenschichten ansprechen könnten, wenn sie in Modernisierungen investierten – übrigens auch, wenn ihr Ferienhaus schon sehr gut frequentiert wird.
Die steigende Quantität ist aber allen voran in Ballungszentren ein zunehmendes Problem. Immer mehr Städte wehren sich gegen zu viele Ferienwohnungen. Wie bewerten Sie das?
Wir beobachten die Diskussion um Zweckentfremdungsverbote sehr genau und nehmen diese ernst, auch wenn Städte nicht unser Schwerpunkt sind. Wir teilen aber nicht alle Ansichten. Viele Städte haben keine richtige Datengrundlage zu dem Thema. Hinzu kommt, dass Kanzleien, Agenturen und Arztpraxen in den Städten nicht betrachtet werden, die ja oftmals in Wohnungen niedergelassen sind. Dort wird gearbeitet und somit also auch Wohnraum zweckentfremdet. Jedoch schauen alle derzeit auf die Vermieter von Ferienwohnungen und -häusern. Wir plädieren daher für eine andere Herangehensweise und sind offen und bereit für jegliche Form des Dialogs, um angemessene Lösungen für alle Beteiligten zu finden.
Was waren die Trends der vergangenen Jahre?
Im Ferienhaussegment beobachten wir drei große Trends. Zum einen werden große und gut ausgestattete Immobilien immer stärker nachgefragt. Dann zeigen unsere Analysen, dass Ferienimmobilien im Inland in Summe wesentlich mehr Übernachtungen generieren als gedacht. Jede fünfte Übernachtung findet bundesweit in einer Ferienimmobilie statt. Der Ferienhausmarkt ist damit drei Mal größer als die offiziellen Beherbergungsstatistiken angeben. Wir sprechen hier von rund 103 Millionen Übernachtungen pro Jahr und einem jährlichen Bruttoumsatz von knapp acht Milliarden Euro. Der dritte Trend ist, dass Urlauber bequem online und trotzdem sicher buchen wollen. Keiner will sich noch telefonisch mit dem Vermieter in Verbindung setzen, um die Kalender aufeinander abzustimmen. Erst die Online-Buchbarkeit und permanent aktualisierte Kalender haben übrigens dazu geführt, dass das Segment heute auch für Last-Minute-Bucher sehr attraktiv ist.
Was versteht ein Vermittlungsportal wie Ihres unter sicherem Buchen?
Neben der sicheren Zahlungsabwicklung über unser Portal ist das zum Beispiel eine Absicherung der Mietzahlungen im Rahmen unserer „Mit-Vertrauen-Buchen-Garantie“, die unter bestimmten Voraussetzungen greift. Diese entspricht zwar nicht dem Sicherungsschein einer Pauschalreise. Aber Gäste haben, wenn sie bei uns online gebucht und vor allem ihre Ferienunterkunft auch online bei uns gezahlt haben, zum Beispiel bei einem Wasserschaden vor Ort die Möglichkeit der Vermittlung einer anderen Unterkunft. Dazu wenden sie sich an den Rund-um-die-Uhr-Kundenservice in mehreren Sprachen, den wir innerhalb dieser Garantie bieten. Anderes Beispiel: Wir kümmern uns auch um die Erstattung der Kaution, wenn diese vom Vermieter zu Unrecht einbehalten wird.
In welche Richtung entwickelt sich der Markt – und damit FeWo-direkt als Portal?
Das Segment wird erst einmal stark weiterwachsen. Nach Zahlen von Phocuswright wächst der Umsatz in der Kategorie Privatunterkünfte in Europa seit 2010 etwa alle fünf Jahre international um zehn Milliarden Euro. Etwa die Hälfte des Umsatzes des Marktes in Europas wurden 2016 bereits durch Online-Buchungen generiert, laut der Studie soll dieser Anteil bis 2020 auf zwei Drittel ansteigen. Das bedeutet, dass die Buchungsentscheidungen in Zukunft immer schneller getroffen werden. Das heißt: Der Kunde ist kürzer bei uns auf der Seite. Wir möchten daher Wege finden, um mit dem Gast auch über die eigentliche Buchung hinaus länger in Kontakt zu bleiben. Das können zum Beispiel Informationen von Erlebnissen vor Ort oder eine digitale Gästemappe sein, die der Vermieter bereitstellt – Informationen, die nicht mehr auf dem Zimmer liegen, sondern digital auf unserer App hinterlegt sind. Auch mit dem Einholen von Bewertungen nach der Reise halten wir Kontakt zum Kunden. Im Bereich der Ferienhausportal-Services sind die Potentiale also noch nicht gehoben. Vor allem deshalb nicht, weil Ferienhausgäste Individualisten sind.
Abschlussfrage: Wie sieht es mit dem Reisebürovertrieb aus, gibt es bereits Schnittstellen?
Nein, aktuell noch nicht.