BLOGGERIN ROMY MLINZK UND MARCUS FEUERSTEIN, CELLE TOURISMUS & MARKETING GMBH

Gefühlt sind Influencer und Blogger ein Dauerthema im Deutschlandtourismus. Wirklich mit welchen zusammengearbeitet haben bislang aber nur wenige DMOs. Über die Zusammenarbeit von Influencern und Destinationen sprechen wir heute im Doppelinterview mit Bloggerin Romy Mlinzk und Marcus Feuerstein, Leitung PR und Marketing bei der Celle Tourismus & Marketing GmbH. Ein Gespräch über gegenseitige Erwartungen, den Aufwand passende Influencer zu finden und wie man Fake-Reichweiten erkennt. 

 

 Romy Mlinzk und Markus Feuerstein.             Foto: S. ierwald/INDEED Photography

 

Influencer sind gefühlt seit Jahren ein Dauerthema: Aber arbeiten wirklich schon viele Regionen mit ihnen zusammen?

Feuerstein: In unserer Städtekooperation #aboutcities mit 17 Städten diskutieren wir viel über dieses Thema. Städte wie Wolfenbüttel und Braunschweig arbeiten schon intensiv mit Bloggern und Influencern zusammen. Für viele andere ist es komplett Neuland. Für uns in Celle ist das Feld derzeit eher als Experimentier- und Lernphase zu betrachten und weniger  als gezieltes Influencer Marketing. Wir arbeiten aber durchaus mit Instagrammern und Bloggern zusammen. Entweder, dass wir sie im Rahmen von Rundreisen von der DZT oder TMN geschickt bekommen, die dann entsprechende Deals mit den Akteuren haben. Oder wenn Influencer mit Anfragen direkt an uns herantreten. Dann lernt man sich kennen und schaut. Generell herrscht bei dem Thema aber in den DMOs noch viel Unsicherheit und es gibt in der Breite wenig Erfahrung. Vielleicht, weil erst einmal geklärt werden müsste, was Influencer überhaupt sind. Wer gilt denn genau als Influencer?

Mlinzk: Viele Blogger genau genommen schon mal nicht (lacht). In der Realität sind Influencer Meinungsmacher auf verschiedenen Kanälen, wie z.B. reichweitenstarke Instagrammer, also Akteure, die über Bilder kommen oder YouTuber. Außerdem würde ich sehr klassisch übrigens auch immer noch Reisejournalisten zählen und einige wenige Blogger. Aber Marcus hat recht, das Thema Online-Influencer steckt im Deutschlandtourismus noch in den Kinderschuhen. Das ist im Ausland teilweise schon ganz anders. Aber die deutschen Regionen tasten sich gerade voran. Das wichtigste ist, dass die Interessen der Zielgruppe, die ein Influencer erreicht, mit den Themen zusammenpassen, die er in der Region finden kann.

 

Wie sieht die Zusammenarbeit mit DMOs / LMOs konkret aus – und wo hakt es aus eurer Sicht vielleicht noch?

Feuerstein: Influencer wollen oft allein und auf eigene Faust unterwegs sein, also weniger eine klassische Pressereise vorgesetzt bekommen. Sie möchten die Destination entdecken und mit Ihren Augen entsprechend der Ausrichtung ihrer Kanäle wahrnehmen und auch so darstellen. Hier müssen sich Destinationen umstellen, sie können einem Blogger nicht nur „ihr Ding“ verkaufen. Im Vorfeld sollte man daher als DMO abklopfen, was wirklich die Zielgruppe des jeweiligen Bloggers ist.  Wenn wir also aus Unwissenheit eine Übernachtung  in einem Fünf-Sterne Hotel bereitstellen, weil es unser touristisches Aushängeschild ist, der Infuencer seinen Fokus aber auf junge Leute und Unterkünfte unter 50 Euro die Nacht gelegt hat – dann darf sich die Destination am Ende nicht beschweren, wenn das Hotel im Beitrag später nicht vorkommt. Dies gilt für viele Bereiche. Umgekehrt muss der Influencer verstehen, wenn er eine Anfrage stellt, dass die Destination auch gewisse Aushängeschilder hat, mit denen sie gerne werben möchte.

Mlinzk: Genau, beide Seiten sollten ihre Erwartungen abstecken und diese klar im Vorfeld kommunizieren. Regionen sollten auch wissen, dass nur eine Handvoll deutsche Reiseblogger und -Influencer von dieser Tätigkeit leben können. Die meisten machen das noch in ihrer Freizeit oder nehmen sich sogar Urlaub. Die Flexibilität ist also oft nicht so da wie bei hauptberuflichen Redakteuren. Zusammen mit dem Blick auf die eigene Zielgruppe möchte man da keine Zeit mit übervollen Programmen verbringen und eigene Eindrücke kommen zu kurz.

 

Ich hake hier mal ein. Wenn nur so wenige davon in Deutschland leben können. Wie professionell ist dann das Level, auf dem Blogger und Influencer bei uns unterwegs sind?

Mlinzk: Auch nebenberuflich kann man sehr professionell sein. Und die Glaubwürdigkeit kommt eben oft über Nischen, die man thematisch besetzt. Natürlich reizen die großen Reichweiten auf einen Schlag – aber in Deutschland reden wir mittlerweile eher über Micro- und Nano-Influencer. Denn da wird die Zielgruppe auch wirklich erreicht.

 

Wie unabhängig kann man als Influencer arbeiten, wenn man für sein Engagement bezahlt bzw. eingeladen wird? Für Journalisten gilt: Im Reiseteil der Tageszeitung liest man nie einen Verriss.

Mlinzk: Das ist bei uns ähnlich. Es ist ein Spagat, den wir genau wie Reisejournalisten hinbekommen müssen. Das A und O ist im Vorfeld die Abstimmung. Und eine Katastrophenreise, die einen Verriss gerechtfertigt hätte, gab es bei mir auch noch nicht.

 

Zur Bezahlung: Was kostet die Zusammenarbeit mit Bloggern und Influencern?

Feuerstein: Gute Frage. Weil ich im Gegensatz zu klassischen Medien, bei denen ich mich an Auflage, Anzeigenpreis und Reichweite orientieren kann, keine greifbare Größe habe, um einen Preis zu evaluieren. Das ist also eine Zone, die man individuell besprechen muss. In jedem Fall ist es aber ein großer Unterschied, ob ein Blogger an mich herantritt und berichten möchte. Oder ob ich von jemand Berichterstattung und Reichweite zu einem bestimmten Zeitpunkt brauche. Dann kostet mich das natürlich in der Regel mehr als nur die Hotelübernachtung und Anreise.   

Mlinzk: Das ist extrem abhängig vom Blogger/Influencer. Lebt der Influencer von der Generierung seiner Inhalten, ist es legitim ihn zu bezahlen oder eine Aufwandsentschädigung abzusprechen. Ich selbst lasse mich nicht bezahlen, da ich als freiberuflicher Social Media Manager mein Geld verdiene. Was aber üblich ist, sind Nebengeschäfte, etwa für die spätere Verwendung geschossener Fotos oder ein Imagevideo für den Kooperationspartner. Inhalte sollten auf jeden Fall auf den Online-/Social-Media-Kanälen der Influencer und der Destination zum gegenseitigen Verstärken der Kooperation auftauchen. Oder auch bestimmte Inhalte adaptiert und werblich gekennzeichnet verlängert werden.

 

Wo finde ich Influencer für die Zusammenarbeit?

Feuerstein: Fürs Auslandsmarketing gibt es durchaus Agenturen. In Deutschland hat sich das noch nicht durchgesetzt. Für mich war bisher der Besuch sogenannter Barcamps sehr effektiv. Auch zum Niedersachsencamp der aboutcities hier in Celle, bei dem wir Ausrichter waren hatten wir einige Blogger eingeladen. Natürlich kann man sich auch einfach selbst auf die Suche machen bei Instagram oder im Web. Und wenn einem ein Blog oder ein Kanal gefällt, und der zur Marke der Destination passt, den Influencer einfach anschreiben. Man muss sich da also schon reinarbeiten.

Mlinzk: Das ist tatsächlich ein Netzwerkeffekt. Es gibt in Deutschland keine Plattform, auf der wir alle versammelt wären. Schon gar nicht mit allen Parametern, die eine Destination braucht, um einen Akteur richtig bewerten zu können. Eine Bloggerdatei aktuell zu halten wäre auch sehr schwer, weil es ein Kommen und Gehen ist. In Österreich funktioniert das mit Blogheim.at dagegen schon ganz gut. Dort sind rund 2.300 Blogs verschiedenster Bereiche gelistet. Bei uns gibt es aber ein paar Zusammenschlüsse von Reisebloggern, die schon mal verschiedene Themenbereiche abdecken – oder die einen auch weiterleiten. Ich nenne jetzt beispielhaft mal die Reiseblogger Berlin und Reiseblogger Hamburg. Oder man kommt zum Beispiel auf das von mir organisierte Blogger-Barcamp , normalerweise im April, dieses Jahr eventl. aber erst im Herbst. Da kann man dann rund 70 Akteure treffen und kennenlernen.

 

Und wie erkenne ich, ob ein Influencer bei seiner Reichweite schummelt?

Mlinzk: Natürlich wäre es für Regionen toll, für Influencer gäbe es auch AGOV-Zahlen. Wobei auch das Wolkenzahlen sind. Was man sich als Region merken sollte: Ein guter Blogger/Influencer hat ein Mediakit, welches man anfordern kann. Da sollten die wichtigsten Zahlen zur Reichweite und bisherige Kooperationen drinstehen. Was man auch anfragen kann, ist ein temporärer Google-Analytics-Zugang. Dann kann man als Region die Angaben auf seinen Wahrheitsgehalt überprüfen. Ein ehrlicher Blogger hat nichts zu verbergen. Es gibt auch Internetseiten, die Influencer-Profile checken, InfluencerDB zum Beispiel. Ein klares Indiz für Fake-Reichweite ist in meinen Augen, wenn ein Instagrammer angeblich 18.000 Follower hat, aber die Bilder immer nur um die 50 Likes haben. Da stimmt das Engagement der User einfach nicht.

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