Als Kind verbrachte Markus Hallermann mehr Zeit in der Natur des Allgäus als in der Schule. Ein Gespräch mit dem Gründer und CEO von komoot über die Anfangszeit der Plattform, das rasante Wachstum der letzten Jahre und spürbare Veränderungen in der Community.
Herr Hallermann, komoot hat in diesem Sommer die Marke von 40 Millionen registrierten Nutzern geknackt. Seit der Gründung im Jahr 2010 ist dem Unternehmen damit eine unglaubliche Erfolgsgeschichte gelungen. Was sind die Zutaten für diesen enormen Zulauf an Usern, zumal in einer Zeit, wo die App-Stores voll sind von immer mehr Angeboten?
Hintergrund für die Idee zur App war eine Alpenüberquerung, als ich 16 Jahre alt war. Allein die Planung hat damals noch Wochen oder sogar Monate gedauert. Früher musste man Bücher studieren und wissen, wie man Höhenlinien zählt, um eine Steigung zu berechnen. Da kam der Gedanke: Das muss doch einfacher gehen! Unsere Mission war und ist es, möglichst vielen Menschen individuelle Outdoor-Abenteuer zu ermöglichen – unabhängig davon, ob sie mit Karte und Kompass umgehen können. Mit unserem Routenplaner haben wir eine Technologie entwickelt, die genau das jedem User ermöglicht, gleichzeitig aber auch ermöglicht, in seiner Heimatregion viel Neues beim Wandern oder Radfahren zu entdecken. Das macht das ganze Team, mittlerweile mehr als 160 Menschen aus über 20 Ländern, sehr stolz. Ebenfalls wichtig für unseren Erfolg: komoot kann grundsätzlich kostenfrei genutzt werden und die Community steht im Mittelpunkt. Einzelne User teilen ihre Abenteuer und erhalten Pionier- und Expertenabzeichen für neue Entdeckungen, die sie auf unserer Plattform mit anderen teilen. Sie feiern zusammen neue Entdeckungen und geben sich gegenseitig Tipps zu Highlights und Strecken. Nur, wer zum Beispiel auch Offlinekarten, Live-Tracking oder sportspezifische Karten verwenden möchte, bezahlt einmalig für bestimmte Kartenpakete oder nutzt unser Abo-Modell.
Komoot investiert seit rund zwei Jahren verstärkt auch im B2B-Bereich. Was genau sind hier die Felder, auf denen ihr Kunden Angebote macht?
Das B2B-Angebot gibt es bereits seit 2016. Aber ja, es stimmt, dass wir diesen Bereich in den letzten zwei Jahren weiter aufgebaut haben, indem wir unser Team für die internationalen Märkte verstärkt haben, um hier eine noch gezieltere Beratung in der Landessprache unserer Partner und derer, die es werden wollen, zu gewährleisten. Wir bieten unseren Partnern Echtzeit-Reports zu ihren Collections an, geben Einblicke in komoot-Userdaten vor Ort und liefern wertvolle Marktdaten rund um unsere Community. Gleichzeitig haben wir im Bereich Wissensvermittlung investiert, um hier Destinationen und Partner aus dem Naturschutz ganz gezielt bei der Digitalisierung zu unterstützen. Bereits mehr als 3.000 Verantwortliche aus Tourismus und Naturschutz haben an unserer komoot Academy teilgenommen, die wir mittlerweile zu einer On-Demand-Plattform rund um Themen wie digitales Community Management und Besucherlenkung ausgebaut haben. Im Bereich der Besucherlenkung übernehmen wir also zunehmend Verantwortung im Bereich des Naturschutzes. Wir pflegen enge Partnerschaften mit den Nationalen Naturlandschaften, dem Deutschen Wanderverband und den Naturfreunden Deutschlands. Wir unterstützen diese Partner einerseits bei der Digitalisierung ihrer Inhalte, andererseits sensibilisieren wir unsere Community für Abenteuer im Einklang mit den Bedürfnissen der Natur, in dem wir zum Beispiel entsprechende Betretungsregeln oder Sperrungen sichtbar machen.
Wie sehen konkret die Werbemöglichkeiten auf der Plattform aus?
Zunächst können sich Destinationen kostenlos ein einfaches Partner-Profil auf komoot einrichten. Das
Profil dient als Content Hub und ist der Startpunkt, um in den weiteren Schritten Sichtbarkeit für die eigenen Outdoor-Inhalte zu erzielen. Nach dem Besuch der komoot Academy können unsere Partner dann Tourensammlungen (Collections) bei uns einreichen. Nach einer Qualitätsprüfung können wir diese veröffentlichen. User, die schon konkret nach Content in einer Region suchen, können diese Touren und Collections über die komoot Suche fnden. Wer seine Zielgruppen ganz gezielt ansprechen möchte – und damit auch die volle Reichweite unserer Plattform hinter sich wissen will –, nutzt Sponsored Collections. Das native Werbeformat ermöglicht es, neue User zu erreichen. Unsere Partner können die Aktivität und
Region genau bestimmen und ihre Inhalte auch international vermarkten. Neben dem DACH-Raum sind besonders Frankreich, UK, die Beneluxländer und Italien im Fokus. Die Übersetzung der Inhalte übernehmen wir dabei kostenfrei. Die Community interagiert bei diesem Format direkt mit dem Content und speichert sich die Collections im eigenen Profil ab, um sie dann später im Urlaub direkt zur Hand zu haben.
Mit Blick auf die Community: Wie hat sich diese über die Jahre verändert – und wie reagieren Sie
als Plattform darauf?
Outdoor-Aktivitäten werden immer beliebter, besonders bei jüngeren Menschen. Laut einer Auswertung von Statista sind mehr als zwölf Millionen Menschen von etwa 39 Millionen Wanderern unter 40 Jahren. Und dabei sind einige spannende Trends erkennbar, die wir auch in unserer Community messen und sehen können. Zum Beispiel gibt es einen Trend weg von bekannten Outdoor-Hotspots hin zu Naturerlebnissen vor der Haustür. Auch sehen wir, dass das Outdoor-Thema im Stadtmarketing angekommen ist. Wir haben mittlerweile viele Partner, die urbane Räume vertreten und ihre Outdoor-Angebote auf die Plattform bringen – und das häufig mit großem Erfolg in der Community, was sich anhand der Klickraten zeigt. Daneben sehen wir auch, dass die Verbreitung von Smartwatches stetig zunimmt. Daher gibt es komoot inzwischen auch auf allen populären mobilen und smarten Devices. Wir sehen auch, dass sich Menschen zunehmend in Interessengruppen zusammenschließen und entsprechende Angebote schaffen. Wir haben darauf reagiert und ein spezielles Angebot für Gruppenreisen geschaffen. Die Funktion stellt sicher, dass alle Teilnehmer einer Tour am Ende tatsächlich am Ziel ankommen, auch wenn sie ein unterschiedliches Tempo haben.
Warum gibt es trotz der marktbeherrschenden Stellung von Apps wie komoot immer noch Regionen, die eigene Apps programmieren lassen und am Ende fast ohne Reichweite dastehen?
Eigene Apps programmieren zu lassen, ist für eine Region sehr kostspielig und aus User-Sicht nicht nachhaltig. Denn eine DMO-Outdoor-App funktioniert nur in ihrer Region. Von der fehlenden Reichweite ganz zu schweigen. Viel sinnvoller ist es daher, Inhalte in etablierten Apps zu veröffentlichen. Apps, die bereits im Alltag der Menschen fest verankert sind. Komoot bietet genau diese bewährte Plattform und liefert der Community kontinuierlich Inspiration.
Mit Blick in die mittelfristige Zukunft: Wie wird sich komoot vor dem Hintergrund der steigenden
Bedeutung von KI verändern?
Künstliche Intelligenz verändert, wie Menschen mit digitalen Services interagieren und was sie von ihnen erwarten. Die User wollen immer bessere und auf sie persönlich zugeschnittene Ergebnisse und Services, die smart „mitdenken”. Dieses neue Nutzungsverhalten bzw. die Erwartungshaltung wird sich darauf auswirken, wie Menschen ihre Outdoor-Zeit fnden, planen, navigieren und teilen. So werden Nutzer künftig davon ausgehen, dass sich kurzfristige Änderungen der Rahmenbedingungen, zum Beispiel durch das Wetter, automatisch in ihren geplanten Routen wiederfnden oder eine fexible Anpassung der Tour erfolgt. Genau an diesen KI-unterstützten, auf die Bedürfnisse der User angepassten Outdoorangeboten, arbeiten wir bei komoot derzeit. Klar ist aber: Diese Entwicklung betrifft alle Branchen.
Zur Peron: Markus Hallermann ist Geschäftsführer und einer der Gründer von komoot. In den Allgäuer Alpen aufgewachsen, hat er nach eigenen Angaben „wahrscheinlich mehr Zeit auf Skiern und dem Fahrrad verbracht als in der Schule“. An der TU München hat er seine Ambitionen dann auf Physik, Materialwissenschaften und Datenanalyse fokussiert. Für den Erfolg der Outdoor-Plattform hat er seine
Physik-Promotion aufgegeben und kümmert sich heute im Führungsteam vor allem um die Themen
B2B-Partnerschaften, Strategie und Finanzen.
Dieser Artikel ist im TN-Digital Magazin 2024 erschienen.
Zum gesamten Magazin geht´s hier: https://bit.ly/3Z5UwY4