Ein Gespräch über Markenführung und Rebranding-Prozesse in der internationalen Hotellerie, die Entwicklung der neuen Dachmarke „Deutsche Hospitality“ für die Steigenberger Hotelgruppe und warum ein „Hotel zum Adler“ bei Business-Kunden nicht wirklich punktet
Herr Keen, das Thema Marke gewinnt in der Hotellerie mehr und mehr an Bedeutung. Woher kommt dieser Trend?
Ich glaube, es ist die zunehmende Erkenntnis, dass ein fundamentales Markenverständnis ganz entscheidend für den Markterfolg eines Hotels ist. Die Hotellerie befand sich bis zum Beginn der Internet-Welle in einer Art Marketing-Stagnation. Durch das Netz wurde der Verbraucher aber agiler – und Marken werden zum Ausgangspunkt für Wünsche und Bedürfnisse. Marken müssen daher unterschiedliche Verbrauchertypologien widerspiegeln.
Was zeichnet demnach eine gute Hotel-Marke aus?
Eine Hotelmarke funktioniert immer dann gut, wenn sie an allen Punkten der Customer-Journey für den Kunden das Markenerlebnis darstellt und für ihn in die Marke einzahlt.
Ihr jüngstes Beratungs-Projekt im deutschen Markt war die Entwicklung der neuen Dachmarke „Deutsche Hospitality“ für die Steigenberger Hotelgruppe. Was waren die Herausforderungen?
Steigenberger ist Deutschlands bekannteste Hotelmarke. Sie steht für deutsche Gastfreundschaft und ist dafür ein Synonym geworden. Die Steigenberger Hotel AG ist in den vergangenen zehn Jahren enorm gewachsen und hat dabei erhebliche Veränderungsprozesse durchlebt. Für die neuen Eigentümer war schnell klar, dass die Marke auch außerhalb Europas positioniert werden muss – zum Beispiel im Mittleren Osten und in Asien. Bis Oktober wurden daher die Steigenberger Hotels und Resorts, die InterCity Hotels und die Marke Jaz gebündelt. Um jetzt der internationalen Expansionsstrategie gerecht werden zu können, entstand am Ende die neue Dachmarke „Deutsche Hospitality“. Diesen Prozess durften wir begleiten.
Wie läuft der Prozess ab, mit dem Sie eine Hotelmarke entwickeln?
Der Prozess läuft in mehreren Stufen. Zunächst müssen wir die Vision des Kunden, die er mit der neuen Marke verbindet, klar verstehen und verinnerlichen. Der Markenkern ist immer eng an die Vision gekoppelt. Im nächsten Schritt erstellen wir auf Basis dessen eine quantitative und qualitative Analyse aller Hotel-Assets, des Quellmarktes und der Kundenpotenziale. Hier legen wir quasi den Grundstein für den Markenkern, wir definieren, was die Marke verkörpern soll. Wir arbeiten dabei nicht mehr mit rein demographischen Daten, sondern mit Gasttypologien. Wir wissen genau, welche Art von Gast wir suchen und formen danach die Marke. Dabei spielen immer auch die jeweilige Kultur eines Landes und die visuelle Identität eine Rolle.
Das klingt sehr komplex, welche Empfehlungen leiten sie daraus für die mittelständische Hotellerie ab?
Mittelklasse-Hotels sind in Sachen Markenbildung eine große Herausforderung. Die meisten bieten einen begrenzten Service und ihre Zimmer sind oft sehr ähnlich. Es fehlt somit oft die Möglichkeit, sich über das Produkt zu differenzieren. Dennoch: Der Prozess ist machbar, aber durchaus beschwerlich.
Schauen wir auf die gehobene deutsche Ferien- oder Stadthotellerie. Wir international sollte eine Hotelmarke da überhaupt sein?
Der Name und die Marke eines Hotels sollten die Hotelphilosophie verkörpern. Unterstellt man zudem, dass der internationale Gast lieber ein Hotel mit einem international klingenden Namen bucht, so sind hier gewiss natürliche Grenzen gesetzt. Ein Name wie „Hotel zum Adler“ macht Sinn, wenn die Gäste nach einem lokal verankerten, warmen und freundlichen Familienprodukt suchen. Ist das Haus jedoch stark auf den Business-Kunden fokussiert, kann der Name „Hotel zum Adler“ nicht funktionieren. Grundsätzlich sollte die Marke also die Gäste-Typologie im Blick haben.
Nennen sie uns zum Schluss noch zwei Gründe, warum und wann sich ein Hotelier mit seiner Hotelmarke und einem Rebranding beschäftigen sollte.
Zum einen, wenn die Marke oder das Produkt an Dynamik und Strahlkraft verloren haben, dann wäre es Zeit in die Marke zu intensivieren und einen Prozess des Rebrandings anzudenken. Auch wenn die Marke ihre Vision oder das Verständnis für die Kunden aus den Augen verloren hat, muss sich das Hotelmanagement ernsthafte Gedanken machen. Dann ist es aber oftmals schon zu spät.