In der schönsten Branche der Welt zu arbeiten hat an Attraktivität verloren. Wie die meisten Branchen leidet auch der Tourismus unter Fachkräftemangel. Dabei gibt es gerade hier viel Potenzial, um sich als guter Arbeitgeber zu positionieren und Jobs attraktiver zu gestalten.
Von Verena Feyock
Die Corona-Krise hat den Arbeitsmarkt verändert. Der Fachkräftemangel, der Arbeitgeber schon vor der Pandemie zunehmend unter Druck setzte, hat sich verschärft. Der Grund: Immer weniger Menschen sind bereit, ihr Leben dem Job unterzuordnen. So würden aktuell, laut einer repräsentativen Umfrage des Marktforschungsunternehmens Appinio, zwei von drei Angestellten wechseln, wenn ihnen ein neuer Job mehr Freiheit, Sinnhaftigkeit und Erfüllung in Aussicht stellt. Fast jeder Dritte ist sogar aktiv auf Jobsuche – ein Trend, der weltweit und in allen Branchen zu spüren ist.
Ein Paradigmenwechsel, auch für die Tourismusbranche
Auch im Tourismus ist der Mangel an Fachkräften seit Jahren präsent und betrifft nahezu alle Betriebe entlang der touristischen Wertschöpfungskette. Auch hier hat die Pandemie mit ihren Lockdowns, Sperrstunden, Schließungen und Kurzarbeit für zusätzliche Belastungen gesorgt – vielleicht sogar noch mehr als in anderen Branchen. Und auch hier haben sich die Prioritäten der Mitarbeiter geändert. Hinzu kommt, dass der Tourismus ein Imageproblem hat: Familienfeindliche Arbeitszeiten wie Wochenend- und Nachtarbeit, Saisonbetrieb, hohe Flexibilitätsanforderungen, geringe Aufstiegs- und Entwicklungsmöglichkeiten, niedrige Löhne, ein geringer Standard an Sozialleistungen und Kapazitätsschwankungen lassen die Branche in keinem guten Licht erscheinen und schrecken viele potenzielle Arbeitskräfte ab.
Was tun?
Wer neues Personal sucht und den Mitarbeiterschwund aufhalten will, muss vor allem eines: umdenken. Unternehmen können sich nicht länger zurücklehnen und nichts tun nach dem Motto: „Die Leute können froh sein, überhaupt einen Job zu haben.“ Stattdessen müssen sie sich fragen, was sie zu einem guten Arbeitgeber macht und was die eigenen Leute – außer Geld – dazu motiviert, jeden Tag zur Arbeit zu kommen. Das bedeutet: Unternehmen müssen sich als Arbeitgebermarke verstehen, die es aufzubauen, zu pflegen und intern sowie extern sichtbar zu machen gilt. Der Weg dahin geht über Employer Branding.
Employer Branding heißt nicht, eine einmalige Recruiting-Aktion zu starten oder ein Mitarbeiterfest zu organisieren. Vielmehr handelt es sich um einen langfristigen und umfassenden Prozess, der nicht nur die Personalabteilung, sondern das ganze Unternehmen betrifft. Aus diesem Grund sollte Employer Branding strategisch angegangen werden. Der erste Schritt sollte deshalb eine Analyse der Unternehmenswerte, der bestehenden Unternehmenskultur, der Mitarbeiterbedürfnisse und der Employee Journey von der Bewerbung bis zur Kündigung sein. Anhand der Analyse können die Potenziale und Handlungsmöglichkeiten für die Entwicklung der eigenen Arbeitgebermarke identifiziert werden. Zu den konkreten Maßnahmen zur Personalgewinnung und -bindung im Tourismus gehören beispielsweise: kreative Recruiting-Kampagnen, durchdachte Onboarding-Prozesse, transparente Kommunikation, flexible und individuelle Arbeitszeitmodelle, bessere Löhne, Mitarbeiter-Benefits, eine Unternehmenskultur, die von Vertrauen und Wertschätzung geprägt ist und nicht zuletzt eine Unternehmensvision und Werte, mit denen sich die Beschäftigten identifizieren können und wollen.
Mitarbeiter gewinnen, binden und über Loyalty-Programme belohnen
Einen entscheidenden Vorteil gegenüber anderen Branchen haben touristische Arbeitgeber, wenn es um die Mitarbeiterbelohnung geht. Denn touristische Produkte sind nicht nur für die Zielgruppe der Gäste attraktiv, sondern auch für die Menschen, die im Tourismus arbeiten. So können zum Beispiel Loyalty-Programme und Incentives die Mitarbeiterzufriedenheit und -motivation steigern. Davon profitieren zudem auch andere lokale Betriebe.
Richtig kommunizieren
Zum erfolgreichen Employer Branding gehört darüber hinaus eine zielgruppengerechte Kommunikation, welche die Arbeitnehmer-Vorteile im Unternehmen thematisiert und so die Positionierung und Wahrnehmung der Arbeitgebermarke stärkt. Langfristig gesehen ist es ebenso von Bedeutung, am Image der gesamten Tourismusbranche zu arbeiten und spezifische Arbeitnehmer-Vorteile in der Kommunikation stärker herauszustellen. Zum Beispiel die besondere Attraktivität des Arbeitsortes, die Bereitstellung von Wohnunterkünften, internationale Jobsicherheit, Reisemöglichkeiten und abwechslungsreiche Tätigkeiten. Dabei ist die Qualität der Kommunikation ausschlaggebend. Wer im Wettbewerb um die besten Fachkräfte die Nase vorn haben will, muss sich auch etwas trauen. Kreativität, Originalität und Authentizität machen den Unterschied!
Über die Autorin: Verena Feyock ist Geschäftsführerin und Partnerin bei Saint Elmo’s Tourismusmarketing. Ihr Leitsatz: Führung ist eine Dienstleistung, kein Privileg. Feyock trägt seit mehr als zehn Jahren Führungsverantwortung innerhalb der Firmengruppe und entwickelt das Unternehmen strategisch in Sachen Digitalisierung, New Work und People Management weiter. Darüber hinaus agiert sie als HR-Schnittstelle. www.saint-elmos.com
Dieser Artikel ist im neuen TN-Deutschland Magazin erschienen. Das ganze Magazin zum Nachlesen gibt es HIER