Dieter Gauf, Hauptgeschäftsführer RDA

Hauptgeschäftsführer des Internationalen Bustouristik Verbandes RDA

Dieter Gauf RDA InterviewEin Gespräch über die Folgen des Brexit für die Busbranche, den Trend zu kombinierten Busreisen und die Top-Themen
des RDA Workshops als größtes Schaufenster der internationalen Bus- und Gruppentouristik.

Herr Gauf, der RDA Workshop steht kurz bevor. Es gibt viele Baustellen in der Busbranche. Und jetzt auch noch ein Brexit. Was sind die großen Themen in Köln?

Gauf: Der Brexit ist natürlich das große Thema. Und da ist der RDA Workshop als größtes Schaufenster der Bus- und Gruppentouristik natürlich der ideale Ort für den Austausch zwischen Anbietern und Käufern. Aber auch das Segment der kombinierten Reisen, also Bus und Flug oder Kreuzfahrt und Bus, wächst. Da wollen wir Marktanteile gewinnen. Auch der Wunsch nach immer exotischeren Zielen wird Thema sein in Köln. Denn damit einher geht die Diskussion eines differenzierten  Krisenmanagements. Und nicht zu vergessen: der Einstieg der Fernbuslinien ins Gruppengeschäft.
Für all diese Themen haben wir unser Trendforum auf dem RDA Workshop.

Ganz konkret zum Brexit: Was bedeutet das für die Busbranche?

Gauf: Der Austritt kommt ja nicht plötzlich. Wir haben am 4. Juli dazu eine Vorstandssitzung, auf der wir dieses Thema ausführlich behandeln. Aber ich kann sagen, wir sind gut informiert. Was viele nicht wissen: Wir haben eine eigene Außenstelle in Brüssel, die uns täglich informiert über das, was in EU-Parlament und –Kommission diskutiert wird. Unsere Büroleiterin in Brüssel wird auch auf dem Workshop sein, und uns ausführlich aufklären, was das genau in Brüssel für unsere Branche heißt. Spannend wird diesbezüglich auch die Sitzung der European Allianz für Bustourismus (EACT) auf dem RDA Workshop. In der Allianz sind auch Verbände aus Großbritannien vertreten. Im Nachgang zu diesen ersten Analysen können wir genauer sagen, was der Brexit für Auswirkungen haben wird.

28 Prozent der Busunternehmer glauben, dass sich ihr Geschäft 2016 verschlechtern könnte, im Vorjahr waren es nur 22 Prozent. Was kann der RDA hier tun?

Gauf: Zuerst einmal: 72 Prozent sind demnach auch der Meinung, es wird sich nicht verschlechtern. Aber ich will Ihnen eine andere Zahl aus der FUR-Reiseanalyse nennen. Auf die Frage an repräsentativ ausgewählte 8000 Studienteilnehmer, ob sie sich vorstellen könnten, in den nächsten drei Jahren mit dem Bus zu verreisen, sagten 23,4 Prozent: ja. Und dieser Wert bewegt sich seit Jahren stabil zwischen 21% und  23%, also aktuell sogar am oberen  Level. Man muss also unterscheiden: Wir haben einerseits die Anbieter, die teilweise verunsichert sind. Auf der Nachfrageseite haben wir aber einen konstant hohen Wert – auch für Neukunden übrigens. Es wird also keine Einbrüche des Geschäfts geben.

Deutschland ist mit fast 30 Prozent aller Urlaubsreisen das wichtigste Urlaubsland. Deckt sich das mit den Angeboten der Busbranche?

Gauf: Ja. Rund 35 Prozent der Busreisen finden in Inland statt. Gerade Städtereisen und Studienreisen liegen im Trend. Die Prognosen für dieses Segment sind gut.

Der Bus ist laut DRV für fünf Prozent der Urlauber das Reise-Mittel der Wahl. Wie entwickelt sich diese Zahl?

Gauf: Ich weiß momentan nicht worauf sich die DRV Zahlen beziehen. Laut FUR liegt der Anteil des Busses bei sieben bis acht Prozent bei den Urlaubsreisen.

Noch einmal zu den kombinierten Bus- und Flugreisen und Bus- Kreuzfahrtreisen. Um hier zu wachsen, muss der Kunde diese Angebote finden können. Das ist heute schwer, weil das Busgeschäft stark regional ist. Der RDA will mit Bus.de ein Portal schaffen, das genau diese Sichtbarkeit zum Ziel hat. Wann geht das Portal online?

Gauf: Das Busgeschäft ist oft nicht einmal regional, sondern lokal. Das ist historisch gewachsen. Mit Bus.de geht es voran. Wir werden die Plattform aber nicht komplett selber basteln bzw. entwickeln, sondern bereits gut funktionierende Systeme von Mitgliedern adaptieren. Ab Herbst wird es dazu weitere Neuigkeiten geben, auch zum Starttermin.

Auch das Thema Nachhaltigkeit ist eines, mit dem Ihre Branche eigentlich punkten könnte. Bei guter Auslastung gibt es kein umweltfreundlicheres Verkehrsmittel. Warum fällt es der Branche so schwer, das zu vermitteln?

Gauf: In Deutschland hat die Schiene von vornherein einen Bonus. Der Zug profitiert von viel politischem Goodwill. Dabei sind unsere Umweltwerte viel besser. Ob das damit zusammenhängt, dass die Bahn ein Unternehmen des Bundes ist, lasse ich mal offen. Jedenfalls hat die Straße einen schlechten Ruf. Und wir fahren auf ihr. Dabei benötigt jeder Reisebus deutlich weniger Verkehrsfläche als etwa 25 PKW.

Noch einmal zum RDA Workshop: Was erwartet die Besucher? Was sind die Programm-Höhepunkte?

Gauf: Über 700 Aussteller aus 40 Ländern, die zusammen mehr als 100 Destinationen anbieten. Von A wie Agentur bis Z wie Zoo, von A wie Australien bis Z wie Zypern ist in Köln alles vertreten. Da können Sie richtig einkaufen. Und das erwarten die Besucher. Wichtig zu sagen ist: der RDA Workshop hat zwar ein Fachprogramm, aber es ist kein Kongress, der mit Starrednern vom Wesentlichen ablenken will – dem Einkaufen und Geldverdienen. Bei uns soll man Geschäfte machen. Und erstmals findet im Anschluss an den Workshop die RDA-Hauptversammlung inklusive Vorstandswahlen statt. Dadurch wollen wir Mitgliedern, die ohnehin dort sind Gelegenheit geben, sich noch besser einzubringen.