Dr. Robert Franke, Geschäftsführer Investitions- und Marketinggesellschaft mbH Sachsen-Anhalt

Ein Gespräch über die Präsentation Sachsen-Anhalts auf der ITB Berlin, den neuen Masterplan Tourismus und warum jede Investition in die touristische Infrastruktur einen Mehrwert für die Menschen vor Ort hat.

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Im vergangenen Jahr haben wir sehr positive Erfahrungen mit dem Gemeinschaftsstand der DZT gemacht und nun unseren Eckstand um vier Gesprächstische vergrößert. Wir visualisieren unseren Messeauftritt mit vier Motiven der Kampagne „Echt schön. Sachsen-Anhalt“. Erstmalig stellen wir in diesem Rahmen UNSERE BESTEN vor, das sind neue Angebote, Ideen und Inspirationen, also Reise- und Ausflugsziele, die auf Grund aktueller Marktforschung die verschiedenen Wünsche und Erwartungen der wichtigsten Gästegruppen bedienen. Diese sorgfältig ausgesuchten und liebevoll zusammengestellten, teilweise direkt buchbaren Arrangements für kürzere Reisezeiten ermöglichen unseren Gästen größtmögliche Abwechslung. Darüber hinaus bewerben wir die Dezentrale Landesausstellung „Gerechtigkeit 1525“ und die Veranstaltungen zum Thema 500 Jahre Thomas Müntzer/Bauernkrieg. Und natürlich wecken wir die Vorfreude auf die Landesgartenschau in Bad Dürrenberg, die unter dem Motto: „Salzkristall und Blütenzauber“ steht und mit Deutschlands längstem funktionstüchtigen Gradierwerk im historischen Kurpark eine einzigartige Kombination aus Industriekultur und Gartendenkmal bietet.

Über die Entwicklung freuen wir uns sehr: Die 2023 gestiegenen Gäste- und Übernachtungszahlen zeigen deutlich, dass das Reiseland Sachsen-Anhalt ganzjährig einen Besuch wert ist. Der Übernachtungstourismus holte im Vorjahresvergleich nochmals deutlich auf und ist nun fast wieder auf dem Niveau des Vorpandemiejahres 2019 angekommen. Rund 3,4 Mio. Gästeankünfte und 8,4 Mio. Übernachtungen in gewerblichen Beherbergungsbetrieben mit zehn und mehr Betten konnte Sachsen-Anhalt im Jahr 2023 verzeichnen. Dies entspricht im Vergleich zum Vorjahr einer Steigerung um sieben Prozent bei den Gästeankünften und sechs Prozent bei den Übernachtungen.

Besonders starke Belegungszahlen hatten die Monate April, Mai, August und September, die sogar über denen des Jahres 2019 lagen. Im Vergleich zu 2022 verzeichnete das Reisegebiet Magdeburg mit Elbe-Börde-Heide mit neun Prozent große Zuwächse und auch die Übernachtungen in der Altmark legten nochmals um fünf Prozent zu und konnten damit sogar das Ergebnis aus 2019 übertreffen. In Anhalt-Wittenberg, im Harz und Harzvorland sowie in Halle-Saale-Unstrut fällt der Vergleich zum Vorpandemiejahr hingegen trotz Zuwächsen zum Vorjahr noch negativ aus. Wir sind zuversichtlich, dass wir den Erholungskurs 2024 fortsetzen werden.

Der Masterplan Tourismus bietet uns einen großen Mehrwert, denn es ist ein zentraler, mit allen regionalen Akteuren abgestimmter Plan als Leitlinie unserer Tätigkeit. Er setzt im Kontrast zum früher üblichen Themenmarketing auf Leitmotive: die drei Säulen Weltkultur und Geschichte an Originalschauplätzen, Aktivangebote in malerischer Landschaft und faszinierende Orte im Wandel stehen dabei im Mittelpunkt. Vor allem bei der Positionierung und Marktbearbeitung auf Grundlage datengestützter Marktforschung liegen unsere Schwerpunkte. Neben der Binnenmarketingkampagne „Starker Tourismus. Wir haben alle was davon“, die im Frühjahr 2023 gestartet wurde, spielt das Thema Digitalisierung auch bei uns eine sehr große Rolle. Die richtige Information muss den Gast zum richtigen Zeitpunkt dort erreichen, wo er sich online aufhält. Die Herausforderung ist zudem, mit unseren Inspirationsangeboten vor die Reiseentscheidung unserer potenziellen Gäste zu kommen. Dafür müssen wir auf vielen Kanälen noch sichtbarer werden als bisher. Mit der Open Data-Plattform SAiNT haben wir uns hierzu schon auf den Weg gemacht. SAiNT bündelt alle Daten aus Sachsen-Anhalt. Diese stammen aus den verschiedenen bereits bestehenden regionalen touristischen Datenbanken sowie ebenso aus Datenbanken von Verwaltung und Wirtschaft und fließen über technische Schnittstellen direkt und automatisch in SAiNT zusammen. Parallel müssen auch wir mittels digitaler Services in Zukunft Dinge abgebildet bekommen, die heute noch von Mitarbeitern erledigt werden. Ohne smarte Lösungen werden wir den Arbeitskräftemangel nicht bewältigen.

Aufbauend auf unsere Marktforschungen haben wir als innerdeutsche Quellgebiete für unsere Gäste vor allem Niedersachsen und Sachsen neben Thüringen und Brandenburg definiert. Mit unseren neu entwickelten Leitprodukten UNSERE BESTEN, die zur ITB vorgestellt werden, wollen wir die Menschen begeistern. Auch bei den internationalen Urlaubern sehen wir noch viel Potenzial. Im Auslandsmarketing konzentrieren wir uns daher neben Österreich und der Schweiz auf die Niederlande, Skandinavien, Polen und die USA. Der größte Hebel für eine Potenzialsteigerung ist jedoch die Verlängerung der Aufenthaltsdauer, beispielsweise von den vielen Menschen, die aus Sachsen-Anhalt selbst zu uns kommen – und die wir gleichzeitig noch mehr zu Botschaftern unserer Regionen machen wollen. Ein Pfund, mit dem wir wuchern können, sind in jedem Fall unsere „6 Staunenswerte“ UNESCO-Welterbe-Stätten. In der angebotsseitig besseren Verzahnung liegen hier große Chancen zur Steigerung der Verweildauer. Darüber hinaus wollen wir die Vielfalt unseres Bundelandes, zum Beispiel für Familien oder Radfahrer, noch besser kommunizieren – und parallel dort neue Angebote schaffen, wo es heute vielleicht noch Lücken auf der Landkarte gibt. Nicht zu vergessen haben wir mit Berlin einen Markt mit 3,7 Millionen Menschen vor der Haustür. Diese Gästepotenziale wollen wir künftig besser heben.

Insgesamt, direkt und indirekt, trug der Tourismus mit Bruttowertschöpfungseffekten in Höhe von 2,5 Mrd. Euro 4,3 Prozent zur gesamten Wirtschaftsleitung Sachsen-Anhalts und mit rund 68.800 Arbeitsplätzen 6,8 Prozent zur Gesamtbeschäftigung in Sachsen-Anhalt bei. Das beinhaltet auch auch die Querschnittsbranchen. Dafür, dass wir kein typisch touristisches Bundesland wie Bayern sind, sind das enorme Zahlen. Diese Bedeutung ist den Menschen bei uns auch bewusst. Die 2,2 Millionen Einwohner Sachsen-Anhalts sind unser Kapital. Egal ob als Gäste oder Akteure im Tourismus. Die meisten sind stolz auf ihre Orte, die Landschaften und fühlen sich mit der Region sehr verbunden. Das wiederum sind ideale Voraussetzungen, um Menschen zu Botschaftern für den Tourismus zu machen. Wir vermarkten Sachsen-Anhalt ganzheitlich als lebens- und liebenswertes Bundesland. Darum geht es auch bei unserer Binnenkampagne. Wir stellen zum einen die Bedeutung der heimischen Gastronomie, der Gastgeber und vielen am Thema Urlaub beteiligten Akteure für die heimische Wirtschaft ins Schaufenster, zeigen aber gleichzeitig auf, wie viel auch die Einheimischen von all diesen Angeboten profitieren. Wir machen klar: Jede Investition in die touristische Infrastruktur, vom Radweg bis zum Spielplatz, hat immer auch einen Mehrwert für die Menschen vor Ort. Das gilt insbesondere dann, wenn die Tourismus-Intensität hoch ist.


(04.03.2024)