Ein Gespräch über das Selbstverständnis der neuen Ostfriesische Inseln GmbH, die Differenzierung zum Festland und warum allen voran im Social Media-Bereich der Schlüssel zum Erfolg der Markenbildung liegt.
Herr Sell, die Ostfriesischen Inseln kümmern sich seit kurzem selbst um ihr Destinationsmarketing. Die Nordsee GmbH als DMO haben sie verlassen. Wieso?
Fangen wir bei den Ostfriesichen Inseln an. Einen lockeren Zusammenschluss der sieben Inseln für die touristische Zusammenarbeit gibt es schon sehr lange. Trotzdem haben wir in den letzten Jahren unsere Leistungen, Qualitäten und Interessen vorrangig über Die Nordsee GmbH vorangebracht.
Nach intensiven gemeinsamen Überlegungen reifte jedoch die Erkenntnis, dass sich die Ostfriesischen Inseln alleine besser als Marke eignen. Die Homogenität der Beteiligten im neuen Konstrukt ist einfach größer. Mit rund 10,7 Millionen Übernachtungen, über 670.000 Tagesgästen und mehr als einer Milliarde Euro Bruttowertschöpfung im vergangenen Jahr sind die Ostfriesischen Inseln d i e Destination im Land Niedersachsen.
Mit der neuen Ostfriesische Inseln GmbH, der Ostfriesland Tourismus GmbH und Die Nordsee GmbH arbeiten nun aber drei Organisationen nebeneinander in einer Region. Wie soll das Miteinander aussehen?
Als wir Inseln und die dazugehörigen Reedereien die Die Nordsee GmbH verlassen haben, war das hier an der Küste schon ein strukturelles Erdbeben. Daraus darf man aber nicht schließen, dass wir jetzt nur noch unser Ding machen und uns alles andere nicht mehr interessiert.
Die Gründung der neuen DMO fiel zudem zeitlich zusammen mit dem Startschuss für eine vollständige Neusortierung der touristischen Vermarktung hier im Nordwesten. Diesen Auftrag hat der Tourismusverband Nordsee hier in Niedersachsen. In diesen Prozess bringen wir uns mit allen anderen Akteuren ein. Dabei gehe ich davon aus, dass es auf der Organisationsebene noch weitere Veränderungen geben wird.
Fest steht natürlich schon jetzt: Die Inseln brauchen das Festland – und umgekehrt. Jeder Urlaub auf den Ostfriesischen Inseln beginnt mit dem Besteigen der Fähre an der Küste.
Trotzdem wolle Sie Ihre Themen anders präsentieren. Wie soll die Differenzierung zum Festland also aussehen?
Da blicken wir zuerst auf die Gäste. Es ist eine spezielle Klientel, die sagt, sie macht Urlaub auf den Inseln. Schon an dieser Stelle passiert die Abgrenzung. Und genau hier knüpfen wir mit unseren Angeboten und der Kommunikation an.
Es geht also um Inselurlaub! Und um die gezielte Weiterentwicklung der zu diesem Image passenden Produkte. Man sagt nicht umsonst: Auf einer Insel ticken die Uhren anders. Im positiven Sinne.
Bitte werden Sie etwas konkreter.
Nehmen wir das UNESCO-Weltnaturerbe Wattenmeer. Wir liegen nicht am Rand – sondern mittendrin. Für alle Inseln gilt dazu ausnahmslos, dass sie heilklimatisch besondere Kurorte sind. Das werfen wir zum Beispiel in die Waagschale. So ist vor allem Thalasso für uns alle ein zentrales Thema.
Und werden sich die Inseln untereinander auch noch einmal voneinander abgrenzen?
Wenn eine Sache im Laufe unseres, der Gründung vorausgegangenen Strategieprozesses deutlich geworden ist, dann, dass wir eine Inselfamilie sind. Wie in jeder anderen Familie haben auch bei uns die einzelnen Inseln als Familienmitglieder noch besondere Eigenheiten, z. B. aufgrund ihrer Größe oder der Nähe bzw. Entfernung zum Festland.
So können manche Inseln mit Wattwanderungen zur Küste werben. Borkum aber zum Beispiel liegt so weit draußen, dass hier Hochseeklima vorherrscht. Diese Unterschiede werden wir genauso herausarbeiten wie unsere Gemeinsamkeiten.
Wie genau sieht die Struktur der neuen DMO aus – und wie finanziert sie sich?
Gesellschafter sind alle Ostfriesischen Inseln bis auf Baltrum. Aber hier wurde schon signalisiert, sich ab 2019 anzuschließen. Dazu kommen alle Reedereien, die die Inseln ansteuern. Ansonsten ist es eine normale GmbH-Struktur mit Geschäftssitz auf Borkum.
Die Gesellschafter haben dazu alle eine inhaltlich-aktive Rolle. Die Tourismus- und Marketingverantwortlichen von allen bringen sich also bei strategischen Dingen ein – und machen am Ende auch die Arbeit im Verbund. Das ist eine sehr schöne Arbeitsform.
Was sind konkret die ersten Marketingmaßnahmen?
Es geht im ersten Schritt darum, die Marke Ostfriesische Inseln voranzubringen und uns als Inselfamilie zu präsentieren. Um dieses Image aufzubauen, werden wir vorrangig auf Social Media-Formate setzen. Da unsere Inseln generisch schon viele Fans im echten Leben haben, ist das Potential in den Netzwerken riesengroß.
Um es zu heben, arbeiten wir mit der Agentur greenbox design aus Bremen zusammen. Aber auch Radio und Print werden wir nicht ganz außen vorlassen. Aber jede Insel wird sich weiterhin auch noch alleine vermarkten.
Die neue Organisation kümmert sich dagegen wie schon gesagt um die Inseln als Familie. Ein zentrales Ziel aller Inseln als Vermarktungsverbund ist zum Beispiel in Süddeutschland und in den Auslandsmärkten wie der Schweiz und den Niederlanden bekannter zu werden.
Weil Sie die Auslandsmärkte ansprechen: Wie sieht der Gästemix auf den Inseln heute aus?
Die wichtigsten Quellmärkte sind NRW und Niedersachsen. Das ist auf jeder Insel gleich – mit geringfügigen Verschiebungen. Dazu ist der Stammgästeanteil sehr hoch. Und wenn wir von Stammgästen sprechen, meinen wir nicht nur Urlauber, die bereits zehn oder zwanzig Mal bei uns waren.
Viele unserer Gäste kommen seit Jahrzehnten. Da wird es auch schon einmal dreistellig. Wir merken zugleich, dass wir für Gäste aus dem Ausland interessanter werden. Dennoch sind wir hier noch weit weg von einem zweistelligen Prozentanteil.
Den streben wir in den nächsten an; genauso wie wir auch neue Zielgruppen in Deutschland ansprechen wollen. Und genau dafür haben wir die neue DMO gegründet, um unter unseren Voraussetzungen bei der Verbesserung aller relevanten Leistungsbereiche, von der Investition in öffentliche Infrastruktur, der Gastronomie und dem Gastgewerbe bis hin zu Entwicklung neuer Produkte und Dienstleistungen, für das Wohl unserer Gäste an einem Strang zu ziehen.