Ein Gespräch über die nächste BUGA als Gartenschau und Stadtausstellung, die Bedeutung von Bürgerbeteiligung bei Großprojekten und warum sich die BUGA konzeptionell stark auch mit Themen wie Mobilität, Nachhaltigkeit und Digitalisierung beschäftigt.
Herr Faas, noch gut 200 Tage, dann eröffnet die BUGA 2019. Wie laufen die Vorbereitungen in Heilbronn?
Die BUGA Heilbronn ist ein großes städtebauliches Projekt und hatte deshalb einen für eine solche Schau recht langen Vorlauf. Wir sind hier schon seit 2012 aktiv. Aber alles wird genauso, wie wir uns das vorgestellt haben. Und besonders freut uns, dass das Interesse der Heilbronner an i h r e r Gartenschau sehr groß ist. Schon zu unseren regelmäßigen Baustellenführungen kommen bis zu 450 Menschen aus der Region. Aus Umfragen wissen wir, dass 80 Prozent der Bürger Heilbronns davon überzeugt sind, dass die BUGA gut für ihre Stadt ist. Die Akzeptanz ist also für ein Großprojekt sehr groß.
Wie haben Sie die Öffentlichkeit so sehr von der Idee überzeugen können?
Ein Schlüssel waren neben dem guten Konzept die Bürgerbeteiligungsprojekte schon im frühen Stadium der Planungen. Das hat Zeit und Geld gekostet – aber Vertrauen geschaffen. Im Zuge dieses intensiven Austauschs haben wir auch immer ehrlich gesagt, wenn ein Vorschlag aus der Bürgerschaft nicht ging. Das hat man honoriert und sich dann von unseren Ideen überzeugen lassen. Die Heilbronner wissen, dass sich durch die BUGA eine gewerbliche, mit Kampfmitteln belastete Brachfläche in der Stadt in ein attraktives Gelände verwandelt. Sie kennen den ganzen Prozess. Viel herausfordernder ist es eigentlich, Gästen das Konzept während ihres Besuchs zu vermitteln.
Was erwartet denn die Heilbronner und die Besucher?
In jedem Fall ein neues Format. Ich behaupte sogar, es gab noch nie eine BUGA, die auf der einen Seite so stark die traditionellen Themen spielt und auf der anderen Seite eine so große Vielfalt bieten wird. Wir haben zum einen alle klassischen Elemente einer Gartenschau. Darüber hinaus haben wir aber als zweite Ebene eine Stadtausstellung mit 23 Objekten, die sich mit gesellschaftlichen Fragestellungen zum Thema Wohnen der Zukunft, zur Digitalisierung, zu Nachhaltigkeits- und Mobilitätsthemen beschäftigt.
Da spannen Sie einen großen Bogen.
Ja, genau das wollen wir. Weil eine moderne Schau sich dem stellen muss. Audi stellt zum Beispiel etwas zum Komplex autonomes Fahren vor. Es gibt eine Ausstellung zum Thema Digitalisierung in Baden-Württemberg. Und es gibt Bauwerke, die Architektur 4.0 zeigen, also zukunftsweisende Konstruktionen aus Hightech-Materialien, die so nur noch Computer entwerfen und Roboter bauen. Aber keine Sorge: Pflanzen und der Garten spielen mit vielen Wasserelementen und Bezug zum Neckar eine zentrale Rolle.
Inwieweit ist das Konzept auch über die Veranstaltung hinaus als touristisches Moment in Heilbronn verankert – und wie sieht es diesbezüglich mit der Kostenbetrachtung aus?
Wir haben das Glück in einer wirtschaftsstarken Region zu leben. Entsprechend haben sich hier viele Seiten auch finanziell eingebracht. Neben dem Land Baden-Württemberg und namhaften Sponsoren gibt es viele Akteure, die gute Beiträge beisteuern. Die Durchführung der Schau selbst kostet rund 45 Millionen Euro. Die städtebaulichen Maßnahmen und übergeordnete Infrastruktur, also das, was nach der Schau verbleibt, noch einmal 144 Millionen Euro. Für Architektur, die von Dritten finanziert wurde, reden wir nochmal über schätzungsweise 150 Millionen. Wenn Sie dann noch das durch die Dieter Schwarz-Stiftung geförderte Science Center Experimenta dazunehmen, liegen wir bei Gesamtinvestitionen von rund einer halben Milliarde Euro, die Besuchern der BUGA als Themen zur Verfügung stehen.
Mit wie vielen Besuchern rechnen Sie?
Mit 2,2 Millionen Besuchen, in die auch die mehrmaligen Besuche der Dauerkartenbesitzer eingerechnet sind. Wir planen mit 36.000 Dauerkarten. Am Eingang scannen wir jede Eintrittskarte und können am Ende die genaue Besucherzahl nennen.
Wer ist die Zielgruppe Ihrer BUGA?
Die BUGA bietet tatsächlich für jeden etwas. In der Kommunikation muss man daher gut steuern, damit es nicht beliebig wird. Natürlich werben wir um Menschen, die sich im weitesten Sinne für das Thema Garten interessieren. Das Thema Städtebau erweitert unsere Zielgruppen aber deutlich. Die BUGA ist aber auch eine Familienveranstaltung. Wir haben viele Spielplätze und Wasserelemente für Kinder und daraus resultierend eine Eintrittspreisstruktur, wie es sie so auch noch nicht bei einer BUGA gab. Kinder bis zum 15. Lebensjahr kommen kostenfrei aufs Gelände. Dazu haben wir eine Karte für junge Erwachsene, die bis zum 25. Lebensjahr nur acht Euro bezahlen. Für Familien ist das also ein attraktives Angebot.
Wie sieht es mit der Bus- und Gruppentouristik aus?
Dieses Segment ist für uns natürlich ganz zentral. Hier haben wir uns gut positioniert. Mir würde kein namhafter Busveranstalter einfallen, der die BUGA für nächstes Jahr nicht im Katalog hat. Nur in den Katalogen zu sein, reicht aber nicht. Man muss parallel auch noch Geld für Endkundenwerbung in die Hand nehmen, damit viele Menschen den Impuls bekommen, nach Heilbronn zu kommen.
Sie haben vorhin kurz das neue Science Center erwähnt. Wie lässt sich die BUGA mit dem neuen Experimenta-Gebäude verzahnen?
Die nahezu zeitgleiche Eröffnung von Bundesgartenschau und Experimenta ist ein echter Glücksfall. Das von Sauerbruch Hutton entworfene Gebäude des Science Center ist ein architektonisches Highlight. Im Bereich der Innenstadt teilen wir uns den Eingangsbereich. Und weil zukunftsweisende Architektur und Wissenschaft auch Themen sind, die wir auf der BUGA spielen, passt das perfekt zusammen und bietet Besuchern im Bauhaus-Jubiläumsjahr einen zusätzlichen Anreiz, sich mit Architektur zu beschäftigen. Diesen gemeinsamen Einstieg 2019 nutzen wir für gemeinsame Maßnahmen in Richtung der Touristik und Medien. Klar ist: Die Stadt Heilbronn wird langfristig von beiden Projekten stark profitieren.
Wenn so starke Anreize für einen Besuch in Heilbronn geschaffen werden, ist die örtliche Hotellerie darauf eingestellt?
Unter der Woche hat Heilbronn durch Geschäftsreisende bereits eine hohe Auslastung. Da wird es manchmal eng. Aber an den Wochenenden ist genügend Kapazität da. Und bis zu unserer Eröffnung kommen noch zwei neue Hotels und eine Jugendherberge dazu. Auch im Umland sind neue Hotels entstanden. Hier wurde also mit Blick in die Zukunft investiert.
Abschlussfrage: Wie sind solche großen Projekte wie die BUGA in die touristische Gesamtstrategie des Landes Baden-Württemberg eingebettet?
Eine Bundesgartenschau bietet durch ihre stark nationale Ausrichtung immer eine Chance, sich auch als Bundesland zu präsentieren. Das weiß das Tourismus Marketing Baden-Württemberg natürlich und nutzt diese Chance. Das Land beteiligt sich ja auch mit zwei eigenen Pavillons. Die Abstimmung mit der TMBW ist eng, sie präsentiert uns auf all ihren Veranstaltungen, wir wiederum sind zum Beispiel Kulturpartner der Reisemesse CMT. Hier können alle nur voneinander nur profitieren.
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