Ein Gespräch über den Trend zu Themenwanderwegen, die verschiedenen Aspekte für erfolgreichen Wandertourismus, und wie Content Marketing aussehen muss, um die Partner des Reiselandes Bayern bei ihrer Arbeit zu unterstützen.
Im Rahmen des Deutschen Wandertags findet im Karwendel zum achten Mal ein 24-Stunden-Wandern statt. Wie sieht so ein Event aus – und was bringt er?
Huwald: In erster Linie wollen wir damit natürlich die Wanderdestination Bayern in ihrer Vielfalt in den Fokus rücken. Deshalb findet der Event auch immer woanders statt. 444 Teilnehmer laufen mit. Aber es geht nicht darum, wer als erster ins Ziel kommt. Es geht um Randerfahrungen, darum den inneren Schweinehund zu überwinden, oder ums Laufen: Die Strecke ist ein Rundweg, der immer wieder zu einer Art Marktplatz zurückkommt. Dort und an der Strecke gibt es Stände, an denen man sich über die Region informieren kann. Wir könnten übrigens das Doppelte und dreifache an Teilnehmern mitlaufen lassen, die Startplätze sind begehrt. Aber es soll kein Volkslauf werden.
Dieser Event ist auf seine Art extrem. Doch wie sieht der klassische Wanderurlaub in Bayern aus?
Huwald: Da muss man unterscheiden zwischen Bergwandern und Wandern in der Fläche. Beides liegt im Trend. Nach Bayern kommen jährlich 34 Millionen Menschen, die 88 Millionen Übernachtungen buchen. Für 60 Prozent dieser Gäste ist der Aufenthalt in der Natur eines der Hauptreisemotive. Und 42 Prozent davon geben wiederum Wandern explizit als Reisegrund an. Die meisten wollen klassifizierte Wege, eine gute Beschilderung sowie die passende Hotel- und Gastronomie-Infrastruktur. Speziell hierbei gilt: Es gibt Menschen, die wählen ein Hotel für ihren Gesamtaufenthalt und gehen von dort jeden Tag eine andere Route. Aber es gibt auch Gäste, die zum Beispiel den Goldsteig in Etappen wandern – und jeden Abend an einem anderen Ort einkehren.
Wer genau macht heute Wanderurlaub?
Huwald: Das ist ganz schwierig zu sagen, weil das Angebot schon aufgrund der Topografie in unserem Land sehr unterschiedlich ist. Aber es kommen viele Individualisten, Gruppen und natürlich Familien. Unterscheiden muss man aber ganz sicher zwischen jenen, die nur wandern wollen und solchen, die innerhalb einer Woche nur zwei Touren gehen. Den typischen Gast gibt es nicht. Der gemeinsame Nenner ist: Alle halten sich gerne draußen auf.
Früher hieß ein Wanderurlaub eine Fahrt in die Berge. Mittlerweile werben selbst der Niederrhein und Mecklenburg-Vorpommern um Wanderurlauber.
Huwald: Weil heute immer mehr das Thema im Vordergrund steht. Wenn ich ans Fränkische denke, dann habe ich dort zum Beispiel viel Weintourismus – und eben auch entsprechende Wanderangebote dazu. Bed & Breakfast von Vinothek zu Vinothek: Das ist eine feine Sache! Die Frage ist immer: Was will der Gast erleben? Bayern, der Niederrhein und Mecklenburg-Vorpommern werben teils um die gleichen Gäste. Die Herausforderung für alle ist, dem Gast zu dem für ihn wichtigen Thema ein attraktives Wanderprodukt bieten zu können.
Wobei attraktiv im Wanderbereich seit kurzem sogar das Feld Barrierefreiheit einschließt.
Huwald: Ja. Ohne Hindernisse erst einmal Zugang zur Natur zu bekommen, darum geht es. Bayern bündelt 2016 seine Reiseangebote für Urlauber mit Handicap entlang der gesamten touristischen Servicekette in zehn Pilotregionen. Das geschieht im Rahmen des bundesweiten Kennzeichnungssystems „Reisen für Alle“. Es geht also bei Weitem nicht nur um Rollstuhlfahrer. Auch eine Familie mit Kinderwagen will mit der Bergbahn einen schönen Panoramaweg auf einem Hochplateau erreichen können. Das vergisst man schnell.
Wer sind die zehn Pilotregionen?
Huwald: In Ostbayern zum Beispiel die Ferienregion Nationalpark Bayerischer Wald, Arberland und Freyung-Grafenau. Rollstuhlfahrern liegt hier der Nationalpark beinahe uneingeschränkt zu Füßen. Die Nationalparkzentren Lusen und Falkenstein mit Hans-Eisenmann-Haus und Haus zur Wildnis, Tier-Freigeländen und weiteren Außenbereichen sind inzwischen barrierefrei zugänglich, gleiches gilt für die Natur-Kneippanlage in Spiegelau.
Welche Rolle spielt das Tourismus Marketing dabei, das Wandern als Erlebnis mit regionaler Kultur und Identität zu verknüpfen?
Wir haben zunächst wenig Einfluss auf die Produkte. Die kommen von den Leistungsträgern vor Ort. Wir liefern aber Impulse, helfen beim Bündeln, machen die Produkte erlebbar. Das machen wir seit 2012 über Ganzjahreskampagnen. Dieses Jahr starten wir mit dem Markenclaim „Bayern traditionell anders“. Damit werden wir die nächsten Jahre arbeiten und darunter unsere Jahreskampagnen stellen. Leitmotiv 2016 sind „Traditionsmomente“. Geschichten aufbauen. Menschen erzählen lassen. Zum Beispiel die von jungen Leuten, die zwar traditionell auch noch Blasmusik spielen – aber das alte durch Brass-Musik noch mal auf ein modernes, anderes Level heben. Wir nennen das „Das neue Blech“.
Welche Rolle spielt Content-Marketing in eurer Strategie?
Huwald: Das ist mittlerweile der Dreh- und Angelpunkt unserer Marketingaktivitäten. Wir entwickeln Themenbereiche, und daraus erzählen wir dann Geschichten. Alles wird in vernünftiger Qualität redaktionell produziert, um für Bayern zu emotionalisieren. Das umfasst gute Texte, Fotos, Bewegtbild und Virtual Reality.