Ein Gespräch über Onlinevertrieb in Zeiten von KI, den Launch der neuen DMO-Lösung „Holidu Smart Destination“, und warum zu viele Spezialanforderungen seitens der Destinationen auch ein Risiko darstellen können.
Auf dem Fewo-Markt ist bei den Portalen und Systemanbietern nach wie vor viel in Bewegung. Holidu und Bookiply haben vor ziemlich genau einem Jahr die my.IRS GmbH und das TOMAS-System übernommen. Was ist seither geschehen?
Zunächst haben wir diesen Schritt gemacht, weil wir im Deutschlandtourismus und der Destinationsebene großes Potential sehen. Die vergangenen Monate haben wir viel Zeit, Aufwand und Know-how in die Integration der übernommenen Systeme in unsere Portal- und Buchungswelt gesteckt. Jetzt im Oktober launchen wir mit „Holidu Smart Destination“ unsere neue, vollständig integrierte DMO-Lösung, die das Beste aus beiden Welten bietet. Zusätzlich zur neuen Software bieten wir aber auch weiterhin die ganze Palette unserer Serviceleistungen.
Was für Serviceleistungen meinen Sie genau?
Damit ist gemeint, dass wir Destinationen mit unseren Teams natürlich auch bei der Gastgeberbetreuung und -akquise im Bereich der Ferienvermietung unterstützen. Auch das Inkasso- und Abrechnungswesen kann nun, wenn gewünscht, über Holidu abgewickelt werden. Die Technik ist jedoch nicht alles. Ohne personelle Ressourcen für eine professionelle Beratung geht es nicht. Deshalb war es uns auch wichtig, im Zuge der TOMAS-Übernahme auch Lohospo bei uns zu integrieren, dessen Team im Markt ein hervorragendes Standing genießt.
Was hat sich seither für TOMAS-Kunden geändert – bzw. wovon profitieren auch Neukunden?
Das erste Produkt, das wir gemeinschaftlich gelauncht haben, ist das Holidu Gästeportal. Mithilfe einer konfigurierbaren Whitelabel-Lösung der Holidu Webseite können DMOs die Buchungsstrecken ihrer Websites im eigenen Branding auf den neuesten Stand der Technik bringen. Die Whitelabels profitieren von allen Weiterentwicklungen bei Holidu und somit auch von den vielen Daten auf der Holidu-Website. Pro Jahr hat Holidu mehr als 100 Millionen Benutzerzugriffe.
Neu dazugekommen ist auch unsere „Holidu Gastgeber Suite“ für Ferienunterkünfte, die es möglich macht, seine Unterkunft sehr einfach und mobil aus einer Applikation heraus zu steuern.
Eine große Neuerung wird für TOMAS-Bestandskunden und Neukunden darüber hinaus gegen Ende des Jahres verfügbar werden, wenn unser Gesamtsystem „Holidu Smart Destination“ released wird. Das System ist modern, aufgeräumt, funktional und bildet alle auch bisher bekannten Funktionen von der Beherbergung über Führungen, Pauschalen, Ticketing und Buchungsstrecken ab. Mit den Modulen kann man jetzt aber fast schon intuitiv arbeiten. Vorher brauchte man manchmal fast ein Diplom, um durch die ganzen Verästelungen durchzusteigen. (lacht)
Wie kommen die ehemaligen TOMAS-Kunden mit der Umstellung zurecht?
Bei den Kunden, die schon die neuen Module nutzen, lief es sehr flüssig und wir können hervorragende Ergebnisse sehen, sowohl bei den Vermietern als auch bei der Conversion Rate der Buchungsstrecken. Von der technischen Seite her lief das sehr flüssig. Viel wichtiger, als Menschen von der Technik zu überzeugen, ist es aber, zu zeigen, dass wir gemeinsam die Herausforderungen der digitalen Vertriebszukunft meistern können und in einem Boot sitzen. Wir investieren viel Zeit, um zuzuhören und Bedürfnisse zu verstehen, aber auch um unsere Vision und Ideen zu erklären. Als Unternehmen, das als Vertriebsportal gestartet und groß geworden ist, wissen wir, wie enorm wichtig es ist, sich permanent weiterzuentwickeln, um im Wettbewerb zu bestehen und langfristig gute Lösungen anbieten zu können.
Wie profitieren Destinationen von diesem Aufwand?
Ganz konkret über unsere White Label-Lösung für die DMO-Buchungsstrecke. Alles, was wir für holidu.de entwickeln und freischalten, etwa einen neuen Filter oder ein Kalender-Update, schlägt sofort durch auf die Strecke der Destinations-Website. Da tut sich also auch immer etwas, oft optisch kaum merklich – aber mit enorm positiven Folgen für den Vertriebserfolg. Neue Kunden wie „Die Nordsee Schleswig-Holstein“ haben durch die neue Technik aus dem Stand ihre Buchungen deutlich erhöht. Gleiches sehen wir am Bodensee. Dies bestärkt uns. Holidu hat jährlich über 100 Millionen Nutzerzugriffe. Das ist eine sehr große Datenbasis um die Webseite kontinuierlich und datengetrieben weiterzuentwickeln. Wir starten täglich Tests um die Darstellung zu verbessern, die Konversion zu erhöhen oder passgenaue Angebote auszuspielen und werten die Tests anhand der Daten aus.
Was für Trends bzw. Veränderungen finden da draußen im FeWo-Segment gerade statt?
Wir sehen eine stetige Professionalisierung auf allen Ebenen des Onlinevertriebs und damit verbunden auch eine immer größere Spezialisierung der Kanäle und Anbieter. Auch nimmt die Buchbarkeit stetig zu. Eine Herausforderung aus Destinationssicht ist, dass sich mehr Vermieter direkt bei großen Portalen anmelden. Wenn Vermieter aber nur direkt mit Booking & Co. zusammenarbeiten, verschwinden sie aus der DMO-Welt. Der Trend ist langsam, aber dennoch stetig. Wenn ich als Destination irgendwann nur noch einen kleinen Teil der Vermieter aus der Region bei mir habe, wird die Webseite und der eigene Vertrieb leider weniger relevant für die Gäste. DMOs müssen den Vermietern deshalb ein technisches Produkt bieten, das 1:1 auf Augenhöhe mit den großen Playern ist, das auf die großen Portale channelt und gleichzeitig lokale Buchungsnetzwerke stärkt. Holidu kann das mit der „Gastgeber Suite“ und kann hier helfen.
Was sind die größten Herausforderungen im Onlinevertrieb?
Als Technolgie- und Serviceanbieter ist es wichtig sich nicht zu verzetteln. Dies ist jedoch sehr schwer. Für uns ist es eine Herausforderung, dass es viele Wünsche nach individualisierten Anpassungen gibt. Jeder einzelne Wunsch ist nachvollziehbar. Allerdings, wenn man auf alle Einzeleinheiten eingeht, schwindet die Zeit die man ins Hauptprodukt investieren kann. Dann haben am Ende alle Kunden verloren und Erwartungen können nicht dauerhaft erfüllt werden. Hier ist es wichtig eine gute Balance zu finden. Unser Ansatz ist sich darauf zu fokussieren ein Produkt zu bauen, dass stetig und für alle weiterentwickelt wird. Mit kontinuierlichen Updates. Nur so bleibt man auf Dauer konkurrenzfähig. Und nur so können wir auf Jahre ein starker Partner sein und bleiben.
Abschlussfrage: Inwieweit integriert Holidu heute schon KI-Anwendungen in seinen Lösungen?
Wir nutzen künstliche Intelligenz schon an vielen Stellen und wir haben Teams, die sich tatsächlich nur mit diesen Themen beschäftigen. KI-Einsatzgebiete sind bei uns beispielsweise die Optimierung von Rankings, die Erstellung von Content oder Analysen von User-Bewertungen, aber auch Automatisierungen im Bereich Kundenservice. Wir haben z.B. eine KI gebaut, die Tickets automatisiert zuordnet und damit die Antwortzeit sehr stark reduziert. Die Frage, die noch niemand beantworten kann, lautet: Wie werden die meisten Menschen in Zukunft nach Unterkünften und Reisen suchen? Was wollen die Menschen da draußen wirklich nutzen – und was nicht? Ich persönlich glaube nicht, dass jemand eine KI schon in naher Zukunft über seine einzige große Reise im Jahr entscheiden lässt. Was ich damit sagen will: Urlaub ist kein Produkt auf Zuruf. Eine KI kann mir das neue iPhone zum besten Preis bestellen und an meine Adresse schicken lassen. Aber die individuelle Suche nach meiner Traum-Unterkunft? Ich denke, hier müssen wir noch den richtigen Ansatz finden, KI so in die Prozesse zu integrieren, dass es passt.
(19.09.2023)