Kim Hartwig, Projektleiterin Tourismus-Cluster Schleswig-Holstein

Ein Gespräch über die Nachhaltigkeitsinitiative Glückn in Schleswig-Holstein, welche Rolle das Thema Nachhaltigkeit inzwischen bei Touristikern im Norden spielt, und warum zertifizierte Betriebe in Zukunft bessere Chancen am Markt haben werden.

 

Frau Hartwig: Was hat Glück mit Nachhaltigkeit zu tun?

Unser Credo ist: Wer nachhaltiger agiert, wird glücklicher – und langfristig auch wirtschaftlich erfolgreicher sein. Daher arbeiten wir in unserer aktuellen Nachhaltigkeitsinitiative in Schleswig-Holstein mit dem Claim Glückn. Zudem ist Glückn in Anlehnung an die Imagekampagne der Tourismus-Agentur Schleswig-Holstein (TA.SH) mit dem Titel „Glückswachstumsgebiet“ entstanden.

 

Was hat es genau mit der Initiative auf sich?

Ziel der Nachhaltigkeitsinitiative des Tourismus-Clusters Schleswig-Holstein ist es, möglichst viele Gastgeber im Land zu motivieren, sich zukünftig nachhaltiger aufzustellen. Herzstück der Initiative ist eine 68-seitige Leitfadenbroschüre „Nachhaltigkeit als Erfolgsfaktor für den SH-Tourismus –Tipps und Informationen für Gastgeber“, die den Betrieben konkret aufzeigt, wie sie in den unterschiedlichen Unternehmensbereichen in das Thema einsteigen können, zum Beispiel beim Ressourcen- und Personalmanagement oder über den Einkauf regionaler Produkte.

 

Wie viele Betriebe machen bereits mit?

Es machen bereits rund 30 Betriebe mit, dazu kommen noch 160 Nationalpark-Partner, die der Initiative geschlossen beigetreten sind. Wir sind aktuell noch in Gesprächen mit einigen anderen Interessenten, so dass ich davon ausgehe, dass wir bis Jahresende noch mindestens 20 weitere Betriebe dazu gewinnen können.

 

Wie konkret sieht das Angebot für Betriebe aus, die sich verändern wollen?

Checklisten und zehn positive Vorreiter-Beispiele aus dem Land sollen Leistungsträger zunächst motivieren, in das Thema Nachhaltigkeit einzusteigen oder sich sukzessive weiter zu entwickeln. Interessierte Betriebe müssen zur Teilnahme an der Initiative einen Berichtsbogen ausfüllen, in dem sie darstellen, wie sie sich bisher engagieren und welche nachhaltigen Aktivitäten in den nächsten zwölf Monaten geplant sind. Teilnehmer können anschließend eine Reihe von Mehrwerten nutzen, darunter die Darstellung auf den Websites des Tourismus-Clusters und der TA.SH sowie vergünstigte Weiterbildungsangebote diverser Partner. Alle Informationen zur Initiative sind zu finden auf der Landingpage www.glueck-hoch-n.de
Zu den zehn nachhaltigen Best Practice Betrieben aus Schleswig-Holstein gibt es zudem zur Emotionalisierung Filme auf der Landingpage und bei YouTube.

 

Es gab auch eine Auftaktveranstaltung im April dieses Jahres. Waren Sie mit dem Format zufrieden?

Ja, sehr. Es war eine große Netzwerkveranstaltung in Husum mit 200 Teilnehmern. Renommierte Referenten aus ganz Deutschland sprachen zunächst zu verschiedenen Nachhaltigkeitsaspekten, im Anschluss wurde die SH-Nachhaltigkeitsinitiative vorgestellt. Am Nachmittag folgten Talkrunden mit verschiedenen Akteuren und Experten von der Nordsee, der Ostsee und aus dem Binnenland sowie zum Thema Elektromobilität. Und im Rahmen einer „Mini-Messe“ präsentierten rund 20 Aussteller aus ganz Deutschland, etwa Futouris, Green Pearls, TourCert und der WWF ihre Angebote rund ums Thema.

 

Diese und mehr Unternehmen stellen Sie mit ihren Nachhaltigkeits-Zertifikaten und Leistungen auch auf ihrer Website vor. Sie arbeiten mit all diesen Akteuren zusammen?

Nein, wir zeigen lediglich auf, welche Wege die Tourismusbetriebe und Regionen gehen können und welche Zertifikate es gibt. Und wir geben eine Übersicht zu Beratern und ihren unterschiedlichen Schwerpunkten – ohne dabei aber konkretEmpfehlungen auszusprechen. Hilfreich für die Betriebe ist sicherlich, dass wir anhand von guten Beispielen unterschiedliche Herangehensweisen aufzeigen und die Leuchtturmbetriebe von ihren Erfahrungen berichten.

 

Welche Rolle spielt das Thema Nachhaltigkeit bei den Touristikern in Schleswig-Holstein im Alltag?

Das ist sehr unterschiedlich. Es gibt wahre Profis, die das Thema zu 100 Prozent leben und ihren Gästen vermitteln wollen. Dann gibt es viele, die schon sehr aktiv sind – dies aber zum Teil gar nicht groß kommunizieren und bisher auch nicht in ihrer Unternehmensstrategie verankert haben. Und es gibt auch viele, die sich bisher nicht mit dem Thema beschäftigt haben, nun aber feststellen, dass nachhaltige Angebote auch von Gästen mehr nachgefragt werden und Nachhaltigkeit immer mehr zu einem grundlegenden Qualitätsmerkmal wird. Nicht zuletzt zeigen viele Unternehmer Interesse am Thema Nachhaltigkeit, wenn es ganz konkret darum geht, Kosten wie zum Beispiel Energie- und Wasserkosten einzusparen.

 

Also geht es bei dem Thema vordergründig immer nur um das Senken betrieblicher Kosten?

Nein. Es gibt viele gute Gründe, sich unserer Initiative anzuschließen. Teilnehmende Betriebe tun aktiv etwas für den Natur- und Umweltschutz in ihrer Region und bilden über die Verwendung regionaler Produkte neue Partnerschaften mit Produzenten vor Ort. Wichtig ist auch der Bereich soziale Nachhaltigkeit: Wer seine Mitarbeiter durch ein faires, respektvolles Miteinander motiviert, bindet sie an seinen Betrieb und macht sich für neue Mitarbeiter interessanter. Zudem werden über das Thema auch neue Kundengruppen angesprochen und der Gastgeber kann sich von seinen Mitbewerbern abheben.

 

Wird das Thema kundenseitig wirklich wichtiger?

Ja, auf jeden Fall. Betriebe, die nachhaltiges Handeln als Teil ihrer Marke auch zeigen, werden zunehmend und gezielt nachgefragt. Der Trend fängt beim Kauf von Bio-Lebensmitteln und regionalen Produkten im Supermarkt zuhause an – und setzt sich immer mehr auch bei der Wahl des Urlaubsortes und des Gastgebers fort.

 

Wenn Sie sich den Deutschlandtourismus anschauen: Wie nachhaltig sind die hier gemachten Angebote in der Breite?

Ich denke, es gibt schon sehr gute Ansätze und Konzepte sowie jede Menge positive Beispiele. So zeigen die Ergebnisse des der BMUB-/DTV-Bundeswettbewerbs „Nachhaltige Tourismusdestinationen“ viele innovative Beispiele in den Regionen auf. Zudem schreiben sich auch immer mehr Hoteliers das Thema Nachhaltigkeit auf ihre Fahnen und überraschen mit neuen Konzepten. Ich habe bisher die Erfahrung gemacht, dass es zumeist der Spirit und Einsatz einzelner Personen für das Thema sind, die das Thema vorantreiben. Sicherlich können wir aber überregional noch stärker zusammenarbeiten und voneinander lernen.