Ein Gespräch über sich verändernde Reisegewohnheiten in Asien, den Auftritt Österreichs auf der ITB Berlin, und warum das Thema Kulinarik perfekt das österreichische Lebensgefühl transportiert.
Die Wintersaison 2023/24 endete mit knapp 20 Millionen Ankünften und 71 Mio. Nächtigungen: Was erwarten Sie für diese Saison für ein Ergebnis?
Steharnig-Staudinger: Der November war mit 5,5 Millionen Nächtigungen der Beste, den wir je hatten. Und die Dezemberzahlen sind zwar noch nicht da, aber wir wissen, dass die Betriebe fast alle ausgebucht waren. Der Schnee kam zum perfekten Zeitpunkt und das Wetter war über die Weihnachtsferien überwiegend sonnig, was auch noch viele kurzfristige Buchungen gebracht hat. Da Ostern mit dem 21. April dieses Jahr sehr spät liegt, wird es zudem eine lange Wintersaison. Wir werden sehen, wie sich das im Sonnenskilauf niederschlägt. Zur Winterkampagne kann ich sagen, dass wir hier erstmals 13 Märkte bespielt haben und 90 Partner aus Österreich mit an Bord waren.
Speziell zu den Gästen aus Deutschland zeigen Studien, dass das Geld für den Winterurlaub zunehmend knapper wird: Wie sieht es derzeit mit Buchungen aus dem Nachbarland aus?
Grundsätzlich sieht es aus dem deutschen Markt gut aus. Hier gibt es mit den Niederländern zusammen den höchsten Stammgästeanteil. Aber wir beobachten das Ausgabeverhalten natürlich sehr genau. Und wir sehen schon, dass inzwischen mehr Menschen achtsamer mit ihren Nebenausgaben umgehen. Das ist mal die Nachspeise im Restaurant, die man sich spart. Oder die ein oder andere Massage. Auch wenn ein Teil der Gäste Sparstrategien entwickelt, sehen wir derzeit nicht, dass der Urlaub an sich in Frage gestellt wird.
Gibt es mit Blick auf die verschiedenen Ländermärkte in diesem Jahr nennenswerte strategische Veränderungen – also über den Winter hinaus?
Wir monitoren alle unsere Ziel- und Potenzialmärkte über ein spezielles Tool, womit wir Trends und Entwicklungen erkennen und daraus Maßnahmen ableiten. 2024 waren wir zum Beispiel erstmals mit zehn Wintersportdestinationen in den USA. Und tatsächlich sehen wir für diesen Winter einen extremen Zuspruch aus den USA, wo Skifahren viel teurer ist als bei uns. Für Amerikaner ist es trotz des nötigen Fluges inzwischen oftmals günstiger, bei uns auf die Piste zu gehen als in Colorado. Auch Südost-Asien und China entwickeln sich sehr gut. Aber diese Fernmärkte, wo wir traditionell auf Kunst- und Kulturthemen setzen, sind natürlich von den Flugverbindungen abhängig, das haben wir selbst nicht in der Hand. Was wir in Asien aber sehen, sind neue Reisegewohnheiten. Sowohl Chinesen als auch Japaner und Südkoreaner machen inzwischen mehr individuelle Monotouren, sie bleiben also vier bis fünf Tage in einem Land. Es ist noch nicht lange her, da bereiste man in fünf Tagen vier Länder in Europa als große Gruppe. Heute ist es exklusiver und auch das Thema Nachhaltigkeit ist in Asien angekommen. Speziell für China gilt, dass hier auch viel in den Wintersport investiert wird. Die größte Skihalle der Welt steht in Shanghai. Zwar reisen die allermeisten Chinesen im Sommer Richtung Europa, doch haben wir die 20 Millionen Skifahrer dort natürlich auch im Blick.
2009 hatte sich der französische Gourmetführer Guide Michelin aus Österreich zurückgezogen, jetzt kommt’s zum Comeback. Was bedeutet das für die Vermarktung der kulinarischen Angebote?
Das Thema Kulinarik ist fester Bestandteil unserer Strategie. Gemeinsam mit den Bundesländern haben wir eine eigene Kulinarik-Strategie verabschiedet und eine Kampagne mit dem Claim „Eat AUT“ entwickelt, um das Thema gemeinsam noch intensiver anzugehen. Der Guide Michelin ist also nur ein Teil. Uns geht es darum, auch den vielen jungen Produzenten und der Wirtshauskultur eine Plattform zu bieten. Nicht zu vergessen haben wir weltbekannte Speisen wie das Wiener Schnitzel, die Sachertorte oder den Kaiserschmarrn. Trotz unserer unglaublichen Breite in der Landwirtschaft und Gastronomie mit ihren regionalen Besonderheiten waren wir bislang viel zu bescheiden in der Kommunikation. Die Kulinarik, und man muss es so sehen, ist ein starkes Motiv für eine Reise nach Österreich. Ein Skitag wird schließlich erst durch die kulinarischen Angebote auf den Hütten zum Genuss.
Welche Themen stehen vermarktungsseitig 2025 darüber hinaus für die ÖW im Fokus?
Wir wollen mutig und mit Augenzwinkern in unseren Kampagnen vorangehen, sonst ist man international ein kleiner Fisch. Um uns abzuheben, setzen wir weiterhin auf PR-relevante Flagships. Unsere Social Media-Serie mit Charlotte war so ein Flagship. Die Dreijährige als Skilehrerin und wie sie erklärt, wie man Après-Ski feiert – das ging wirklich durch die Decke. Auch unsere Kampagne NoSki Instructor hat unsere Skilehrer mal ganz anders inszeniert.
Dieses Jahr gehen wir stark auf das Lebensgefühl ein. Das Wort Lebensgefühl wird immer wieder in Kampagnen auftauchen. Auch in internationalen Kampagnen wird es dabei nie übersetzt. Die Idee dahinter: Nur in Österreich kann man Lebensgefühl als Verbindung aus Gelassenheit und Genuss fühlen. Wo wir dieses Jahr auch mal ein bisschen experimentieren, ist beim Ausspielungszeitraum unserer jeweiligen Maßnahmen. So haben wir den Winter traditionell immer schon recht früh beworben. In Dänemark, UK und ein paar anderen Märkten gehen wir 2025 einen anderen Weg. Und ganz klar: Wir bewerben Österreich trotz Schwerpunktkampagnen immer als Ganzjahresziel. Nicht zu vergessen: Wir haben 2025 auch spannende Jubiläen und Highlights wie 200 Jahre Strauss, 60 Jahre „The Sound of Music“ und die Ski-WM in Saalbach-Hinterglemm.
Mit Blick auf die Präsentation Österreichs auf der ITB: Was erwartet die Fachbesucher am Stand?
Wir haben mehr Partner dabei als jemals zuvor. Entsprechend haben wir den Stand vergrößert. Schwerpunkt wird nach dem Sterneregen beim Guide Michelin die Kulinarik sein. Zum Beispiel haben wir einen Chef’s Table, an dem immer wieder Aktionen sein werden. Darüber hinaus präsentieren wir eine Studie mit vielen spannenden Zahlen rund um das Thema Kulinarik in Österreich. Und über die Kulinarik lässt sich auf der ITB Berlin natürlich hervorragend das Lebensgefühl transportieren.
Wo sehen Sie in diesem noch jungen Jahr allgemein die größten Herausforderungen für die österreichischen Tourismusregionen und Akteure?
Eine große Herausforderung der letzten Jahre war das immer wieder Neu-Ausbalancieren der Märkte. Erst ist China lange weggebrochen, dann Israel. Immer ist es durch die Steigerung von Marktanteilen in anderen Ländern gelungen, die Verluste auszugleichen. Dann werden uns natürlich die großen Themen Digitalisierung, Künstliche Intelligenz und Nachhaltigkeit weiter beschäftigen. Sechs Destinationen sind hier zum Beispiel beim Thema Nachhaltigkeit bereits zertifiziert, ein Weg, den wir weitergehen werden. Bei den Digitalthemen haben wir eigene Units, die die Entwicklungen genau im Auge behalten. Und was uns natürlich beschäftigt, ist der Blick in die Zukunft: Welche Märkte haben welches Potenzial? Wie verändern sich unsere Gäste? Wie stellt sich die junge Generation in Zukunft ihre Reisen vor? Zur letzten Fragestellung kann ich sagen: Wir beobachten hier heute schon ein paar Entwicklungen, die uns in den kommenden Jahren sehr beschäftigen werden.