Vom 2. bis 3. März findet in Potsdam der 3. Deutsche Gästeführertag des BVGD statt. Ein Gespräch über die Bedeutung von Welterbestätten für den Tourismus, Gästeführer als Bindeglied zwischen Region und Besuchern und die neuen offenen Workshops auf dem Gästeführertag.
Frau Richter, der Gästeführertag steht dieses Mal unter dem Motto „Welterbe und Denkmalschutz – Last oder Lust für den Tourismus?“ Wieso haben Sie dieses Thema gewählt?
Der Bundesverband der Gästeführer in Deutschland (BVGD e.V.) hat 220 regionale und lokale Vereine als Mitglieder, von Sylt bis Chemnitz, von Berlin bis Freiburg. Der Deutsche Gästeführertag findet jedes Jahr an einem anderen Ort statt und das Motto soll einerseits zum Veranstaltungsort passen, aber auch interessant für die nahezu 7000 Gästeführerkollegen aus anderen Regionen und alle anderen Touristiker sein. Und wenn Sie sich mal die Werbung von Städten anschauen, dann stellen Sie fest, dass erfolgreiche Werbung meistens mit der Geschichte von Baudenkmälern beginnt.
Aber ich kenne etliche Menschen, die lockt man mit alten Mauern nirgendwohin.
Mag ja sein. Trotzdem wollen Gäste und Touristen Denkmäler sehen, denn sie machen eine Stadt unverwechselbar! Weil an Denkmälern Geschichte erkennbar wird. Und Gästeführer füllen diese Geschichte mit Leben. Potsdam hat die besondere Situation, dass sich die Bevölkerung nach der Wiedervereinigung in einer ständigen Diskussion über eine Wiederannäherung an den historischen Grundriss der historischen Mitte befindet und ein großer Teil der Stadt im Welterbe liegt. Besonders die Schlösser und Gärten sind ein starker Anziehungspunkt für Touristen.
Was sind bei dieser Konstellation die Herausforderungen?
Das Schloss Sanssouci ist als privater Raum geplant worden. Der preußische König hat es wahrlich nicht auf 2000 Besucher täglich ausgerichtet. Für uns stellt sich also die Frage: Wie geht man mit so einer Aufgabe um? Und Gästeführer spielen im Tourismus eine starke Rolle, sie sind eine wichtige Verbindung zwischen den Gästen und der besuchten Region, wecken tieferes Verständnis für die Kultur und Lebensweisen. Und zu diesem Verständnis zwischen den verschiedenen Disziplinen kann eine Veranstaltung wie der Deutsche Gästeführertag beitragen.
Der Gästeführertag findet zum 3. Mal statt, wie entwickelt sich die Veranstaltung – und was ist dieses Mal neu oder anders?
Die Veranstaltung ist ja von Anfang an offen für alle Touristiker gewesen, neu ist, dass auch die Workshops am Samstag, dem 3. März, offen für Nicht-Mitglieder sind. Neu ist auch, dass das Nachprogramm, ebenfalls für alle offen, schon am Samstagabend beginnt. Der Potsdamer Gästeführerverein hat ein wunderbares Programm entwickelt, sowohl im Vorfeld, wo es auch nach Werder und an den Schwielowsee geht, als auch am Samstag und Sonntag, etwa mit einem Besuch des Museums Barberini.
Welche Referenten haben Sie eingeladen – und welche Workshops sind genau für Nicht-Mitglieder interessant?
Zum einen Fachleute aus dem Denkmal- und Welterbebereich, aber auch Frau Gilles, die Hauptgeschäftsführerin des DTV, die über aktuelle Trends im Tourismusbereich sprechen wird. Die Workshops sind sehr nachgefragt, die Veranstaltung zu der Vertiefung des Fachthemas ist schon ausgebucht. Die Veranstaltung, die sich mit der rechtlichen Situation bei kulinarischen Führungen auseinandersetzt, ist für alle im Tourismus Tätigen interessant, denn dieses Format verzeichnet nach wie vor einen steigenden Trend. Der oft unbekannte rechtliche Rahmen wird von einer versierten Rechtsanwältin beleuchtet. In Anlehnung an einen Film mit Heinz Rühmann, in dem es um kulinarische Experimente mit einem alkoholischen Getränk geht, heißt die Veranstaltung: „Es war doch nur ein Schluck!“ Denn: Der Deutsche Gästeführertag soll natürlich nicht nur informieren, sondern auch Spaß machen!
Das Gästeführerwesen geht mit der Zeit. Gerade erst hat Ihr Verband eine Kooperation mit bookingkit abgeschlossen. Bitte erzählen Sie uns etwas zu den Hintergründen. Und gibt es schon erstes Feedback dazu von den Mitgliedern?
Viele Gästeführerkollegen haben bereits seit Jahren eine eigene Homepage, denn sie sind oft freiberufliche Kleinunternehmer, die auf dem Markt selbständig tätig sind. Die bookingkit GmbH bietet eine direkte Buchungs- und Verkaufssoftware, die in eine bestehende Homepage integrierbar ist. Damit können unsere Mitglieder ihre Angebote online buchbar machen sowie praktisch verwalten und vermarkten. Das ist sehr entlastend und gibt die Möglichkeit, sich auf den Kern der Gästeführertätigkeit zu konzentrieren. Der Vertrag ist aber erst seit 10 Tagen gültig, die Mitglieder werden sich sicher auf der demnächst stattfindenden Versammlung dazu äußern.
Vor einem Jahr haben wir das letzte Mal mit Frau Dr. Jäger über das Gästeführerwesen gesprochen. Unter anderem hat Ihre Vorsitzende die mangelnde Wertschätzung des Berufs seitens vieler Städte und Regionen kritisiert. Wie steht es heute um den Beruf?
Angesichts der steigenden Zahlen im Tourismus steht es um den Bedarf an Gästeführungen gut. Die fehlende Wertschätzung betrifft ja nicht die Qualität, sondern eine Anerkennung der umfassenden Kompetenzen, die für eine langfristige Ausübung und vor allem auch Sicherung der Existenz nötig sind. Wie wichtig Gästeführer für das Kennenlernen einer Region sind, das wissen die touristischen Akteure aber. Und vor allem auch die Gäste!
Wie interpretiert der Verband angesichts dieser Rahmenbedingungen seine Aufgabe? Und was sind die derzeit drängendsten Themen, die Sie angehen?
Die Aufgaben des Verbandes sind vielfältig und reichen von der Sicherung der beruflichen Anerkennung über die Unterstützung unserer Mitglieder in ihrer Selbständigkeit bis zur Qualitätssicherung und der Stärkung von Kontakten nach innen und außen. Drängend ist natürlich wie in allen Organisationen die Digitalisierung. Wer weiß, wie Gästeführungen in zehn Jahren aussehen? Wollen die Gäste nur noch von Apps geführt werden oder wollen sie am liebsten ihre digitalen Geräte am Anfang einer Führung beim Gästeführer abgeben und das Digitale einfach mal abschalten? Wahrscheinlich müssen wir uns auf beides einstellen