Ein Gespräch über touristische PR-Arbeit in Deutschland, die wachsende Zahl an immer neuen Informationskanälen, und wie man es mit kreativer Themenfindung doch immer wieder in die Zeitung schafft.
Sie wurden mehrfach als PR-Agentur des Jahres ausgezeichnet, haben viel Erfahrung mit internationalen und deutschen Kunden. Worin unterscheiden sich die Kommunikationsbedürfnisse Frankens von denen Ras Al Khaimas?
So groß sind die Unterschiede gar nicht. Ob Nah- oder Fernziel, alle möchten den potenziellen Urlauber von den Vorzügen ihrer Destination überzeugen. Unterschiede gibt es bei den Zielgruppen und dementsprechend bei den gewählten Kommunikationskanälen. Je weiter weg ein Ziel, umso wichtiger wird der Vertrieb über Veranstalter und Reisebüro – und somit die Fachpresse. Natürlich gibt es auch kulturelle Unterschiede, die sich auch in einer unterschiedlich ausgeprägten Bereitschaft zur offenen Kommunikation widerspiegeln können.
Wenn Sie sich aus ihrer Brille die PR-Arbeit anschauen, die deutsche Regionen und Städte im Moment machen, was fällt dabei auf?
Da die Fremdenverkehrsämter ihre Unterregionen und Mitgliedsbetriebe berücksichtigen wollen und müssen, wird die Kommunikation oft kleinteilig. Breitangelegte, kreative Kampagnen integriert über alle Kommunikationskanäle würden besser das Ziel erreichen. Dafür gibt es gerade in jüngster Zeit schöne Beispiele wie das „Bei uns ist es so ruhig-Dorftelefon“ von Graubünden und den Schlafstrandkorb von Schleswig-Hollstein.
Gibt es einen Trend, zum Beispiel zum Content Marketing? Und wenn ja, eignet sich das überhaupt für jeden?
Content Marketing ist ein Modewort. Um glaubwürdige, ansprechend-aufbereitete Inhalte ging es gerade in der Medienarbeit schon immer. Die Informationen müssen heute noch ehrlicher und authentischer sein, denn der Konsument ist aufgeklärter und kritischer als früher. Dies gilt insbesondere, wenn ein Unternehmen oder eine Organisation selbst der Absender ist. Jedoch erreichen die Geschichten oder Servicetipps bei der aktuellen Content-Überflutung nur Aufmerksamkeit, wenn sie originell sind und Mehrwert bieten.
Die Tourismuswirtschaft ist in Deutschland stark dezentral organisiert. Was ergeben sich daraus für Besonderheiten für die PR-Arbeit.
Durch die Dezentralisierung herrscht ein großer Wettbewerb um Präsenz in den traditionellen Medien und um Resonanz auf Social Media. Es ist noch wichtiger, kreative Themen zu finden, die besonders sind und sich abheben. Teils müssen Themen durch Aktionen sogar selbst geschaffen werden. Gleichzeitig ist ein kollegialer Austausch wichtig, denn in der Praxis gibt es Überschneidungen zum Beispiel bei den Programmen der Pressereisen.
Manche Regionen/Städte haben eigene Kommunikationsabteilungen, andere lagern die PR-Arbeit aus: Was hat das eine und andere für Vor- bzw. Nachteile?
Interne PR-Kollegen können ganz tief im Thema sein und regelmäßig im Kontakt mit den lokalen Partnern stehen. Eine Agentur bringt den beratenden Blick von außen, Erfahrung auch in anderen Branchenbereichen und ihre guten Kontakte, die sie auch für andere Kunden pflegt. Zudem sind wir mit Disziplinen wie Social Media, Medien-Kooperationen und Integrierten Kampagnen vertraut. Ein internes Team unterstützt von einer Agentur kann eine gute Lösung sein.
Wie ist die Höhe der PR-Etats in Deutschland im internationalen Vergleich zu werten? Und kann man mit diesen Etats die Ansprüche überhaupt erfüllen?
Im In- wie im Ausland gibt es kleinere und größere Etats. Leider stellen wir verstärkt fest, dass die Budgets eher schrumpfen, während die Leistungserwartung steigt. Dies fängt oft schon in der Ausschreibungsphase an, in der viel Vorleistung erwartet wird. Wir Agenturen müssen den Wert unserer Arbeit transparent machen. Dieses Thema gehen wir gerade mit einem Projekt im PR-Kreis der Vereinigung Deutscher Reisejournalisten (VDRJ) organisierten Agenturen an.
Wie sollte heute der ideale PR-Mix aussehen – und welche Rolle spielen dabei SocialMedia, Content-Marketing usw…?
Der ideale Mix an Kommunikations-Kanälen und –Instrumenten richtet sich nach der jeweiligen Zielgruppe. Sicherlich gewinnen die „Owned Media“, also z.B. die Website oder Social Media-Kanäle, an Bedeutung, im Gegensatz zu „Earned Media“ also der klassischen Medienarbeit. Eine Herausforderung ist die immer größer werdende Zahl an Informationskanälen, darunter zahlreiche Online-Portale und Blogs. Auch im Bereich Social Media ist die Landschaft ständig in Bewegung: So hat Instagram seit kurzem sogar ein Profilangebot für Firmen und Messenger-Dienste wie WhatsApp und Snapchat gewinnen an Bedeutung, gerade für eine jünger Zielgruppe.
Wie sieht touristische PR-Arbeit in zehn Jahren aus, wenn es keine relevanten Reiseteile in Tageszeitungen mehr gibt – und die Reichweiten vieler Printtitel kaum mehr nennenswert sein werden?
Wie sieht unser Informationsverhalten in zehn Jahren aus? Das ist die grundlegende Frage. Dabei sollten wir crossmedial denken. Denn den Reiseteil einer Tageszeitung gibt es ja schon heute online oder in der App. Für den Reisejournalismus ist es auch inhaltlich wichtig, sich neu aufzustellen: Welche Inhalte – um nicht zu sagen welcher Content – liefert dem Mediennutzer echten Mehrwert? Dies kann weiterhin eine schön geschriebene Reportage sein, die Lesespaß bringt – bei der Bewegtbild und interaktive Inhalte den Genuss auf dem Tablet anreichern. Oder ein Servicethema, das Hilfestellung im Informationsdschungel bietet – aufbereitet mit Video Content für Virtual Reality auf der 360 Grad-Brille. Wir als PR-Leute haben die Aufgabe, solche Trends frühzeitig zu erkennen und unterstützend voranzubringen.