Nadine Hartmann, Account Manager Join GmbH

Ein Gespräch über die Besonderheiten des Datenmanagements in Tourismusorganisationen, Kommunikation als Schlüssel zum Projekterfolg, um warum man Kunden von Beginn an sagen muss, dass erfolgreiche digitale Prozesse agil und dynamisch in der Umsetzung sein müssen.

Jedes Datenbankprojekt ist tatsächlich unterschiedlich. Zwar sind alles zentrale Speicherorte, aber Berlin geht zum Beispiel noch nicht so offen mit seinen Daten um wie die beiden anderen. Dort ging es primär zuerst einmal um die Konsolidierung der Daten und um das Schaffen einer Struktur. Auch die Art und Anzahl der Systeme, die an einen Hub abgeschlossen werden sollen, ist in der Regel von Projekt zu Projekt unterschiedlich. 

In Deutschland haben sich inzwischen eigentlich alle Länder auf den Weg gemacht. Und die Fortschritte sind nicht zu übersehen. Unterschiede gibt es aber durchaus noch bei der offenen Distribution der Daten und reibungsarme Schnittstellen – auch in Richtung des Knowledge Graphen der DZT übrigens. Hier wird es spannend sein zu beobachten, was sich für Mehrwerte ergeben. Nicht wegzudiskutieren ist auch die Tatsache, dass es auf lokaler Ebene immer noch viele Akteure gibt, die bei dem ganzen Thema nicht mitziehen, die sagen, dass ihnen ihr Instagram-Profil und die eigene Website reichen bzw. einfacher erscheinen, um sichtbar zu sein. Oder die sogar noch analog ihr Geschäft machen. Diese Akteure sind aber wichtiger Teil der touristischen Struktur einer Region – und müssen in der Datenbank abgebildet werden. Es geht aber nicht nur darum, einfach nur Daten zu sammeln: Vielmehr müssen die Daten auch gut und aktuell sein. Auch das ist für die Destinationen eine große Herausforderung.

Was sofort auffällt ist, dass im Destinationsbereich teils sehr viele unterschiedliche Stakeholder an den Projekten beteiligt sind. Das ist bei Projekten mit freien Unternehmen oder Konzernen ganz anders. Was dann dazukommt: größere private Unternehmen haben in der Regel IT-Abteilungen, die die Einführung neuer Systeme von Anfang an begleiten und sozusagen unser Sparringspartner sind. Diese IT-Abteilungen geben in der Privatwirtschaft oft schon genau die technischen Anforderungen vor. Im Destinationstourismus fehlt diese Zwischenebene aber fast sämtlich. Man muss also bei Projekten im Destinationsbereich von Anfang an anders kommunizieren, mehr übersetzen, erklären und ganz wichtig: zuhören! Denn erst, wenn klar ist, welches Problem gelöst werden soll, können wir die individuell passende Systemarchitektur entwickeln.

Im Kern liegt das größte Potenzial in der Möglichkeit, Daten zu erheben und wirklich zu erfahren, was in meiner Region los ist. Erst, wenn ich weiß, was meine Besucher gerne machen, wo sie sich wann und wie lange aufhalten und wofür sie ihr Geld ausgeben, kenne ich meine Destinationen gut genug, um strategisch die richtigen Entscheidungen treffen zu können. Heute basieren Marketing und Produktentwicklung oft noch auf groben Annahmen über Zielgruppen. Ändern kann das nur ein Data-Hub als singuläre Datenquelle, in der wirklich die ganze Wahrheit liegt. Das ist aber nicht das Ende des Prozesses – das ist die Basis!

Viel Potenzial liegt in der Option, dass die vielen unterschiedlichen Systeme noch besser miteinander reden. Der Deutschlandtourismus kommt gerade aus einer Phase heraus, wo sich die DMOs bedarfsweise jede Menge unterschiedliche Systeme und Software angeschafft haben. Hier muss im nächsten Schritt viel mehr Vernetzung her, damit wir von den vielen Insellösungen wegkommen. Wie wunderbar wäre es zum Beispiel, wenn es einheitlichere digitale Kassen- und Ticketsysteme gäbe? Die Auslastungen wären in Echtzeit sichtbar – vom Freibad über das Museum bis hin zum kleinen Programmkino. Und wenn wir Besuchermanagement bzw. -lenkung wirklich im Sinne des Gastes begreifen, müssten Alternativen bei hoher Auslastung auch über Ländergrenzen hinweg ausgespielt werden. Gäste planen ihre Aufenthalte doch auch ganz selbstverständlich über Länder- und Landkreisgrenzen hinweg. Die Systeme müssen sich also an der Realität orientieren, wenn sie Mehrwerte schaffen sollen. Dadurch können wir auch einen wichtigen Beitrag zur weiteren Förderung der Nachhaltigkeit beitragen! Wir haben bei unseren drei Datenbanken auf Länderebene deshalb immer gleich darauf geachtet, dass die Systeme nicht nur miteinander sprechen können, sondern wir haben auch geschaut, wo die Anforderungen gleich oder ähnlich sind. Es macht gerade im Tourismus, wo Ressourcen und Budgets teils deutlich kleiner als in anderen Branchen sind, keinen Sinn, alles immer wieder von vorne zu entwickeln.

Wir versuchen erst einmal, wirklich die Anforderungen jedes Kunden zu verstehen. Und aus Erfahrung kann ich sagen: Es lohnt sich, hier lieber etwas mehr Zeit zu investieren! Erst, wenn die Anforderungen klar sind, gehen wir in die Konzeptphase, in der wir einen individuellen Lösungsweg vorschlagen. Wenn der passt, gehen wir in die Entwicklungsphase. Wobei wir unseren Kunden immer auch erklären, dass digitale Prozesse agil und dynamisch sind. Es muss nicht immer sinnvoll bleiben, was man sich vielleicht vor einem Jahr ausgedacht hat. Wie oft entscheiden wir uns um oder würden es gern? Passiert immer mal wieder und das ist auch gut so! Die technische Entwicklung geht immer weiter und auch Rahmenbedingungen und Anforderungen ändern sich immer wieder. Deshalb ist Vertrauen in der gemeinsamen Zusammenarbeit sehr wichtig! Was uns auch noch von anderen Anbietern unterscheidet, ist, dass wir nicht nur Konzept- und Entwicklungsarbeit machen, sondern auch Hosting, Betrieb und Support der Systeme übernehmen können.

Was immer deutlicher wird: Dem Tourismus fehlen in vielfacher Hinsicht Ressourcen. Genau hier sehe ich für KI-Anwendungen den größten Nutzen. KI kann wunderbar als fleißige Assistenz genutzt werden. Sei es bei der Erstellung von Content, der Analyse von Daten zu Marketing-Zwecken, dem Finden von Dubletten oder veralteten Datensätzen, Übersetzungen oder der Nutzung von Bildern: KI kann schon heute vielfach bei Tätigkeiten unterstützen, die in Tourismusorganisationen gefragt sind. Wir selbst arbeiten zum Beispiel gerade an einer smarten Datenerfassung. Damit sollen jene Akteure erreicht werden, die sich dem Thema heute noch aus Zeitgründen oder technischen Berührungsängsten verweigern. Mit dem Smartphone muss man nur ein Foto eines Flyers, eines handgeschriebenen Aufstellschildes oder einer Visitenkarte machen – und die KI erkennt die relevanten Informationen und erstellt den Basis-Datensatz automatisch. Auch aus einer Website können die Informationen für einen Datensatz schon automatisiert herausgelesen werden. Und dann besonders wichtig: Die Leute müssen sehen, was nun mit ihren Daten geschieht! Wenn sie direkt gezeigt bekommen, dass sie jetzt in angebundenen Apps, auf dem Infoscreen der TI und auf weiteren Websites der Region auftauchen, dann verstehen sie plötzlich, was ihnen das bringt.

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(26.03.2024)