Ein Gespräch über den Zusammenhang von individuellen Kundenmerkmalen und dem Verkaufserfolg von Freizeitaktivitäten, dynamische Profilierung, und warum DMOs die Gelegenheit beim Schopf packen sollten, eigene Produkte buchbar zu machen und so Geschichten zu erzählen, die beim Gast in Erinnerung bleiben.
Touristiker in Deutschland werden seit ein paar Jahren mit Software-Angeboten für Destinationslösungen, Buchungsportalen usw. überschüttet. Was ist das Neue an Ihrer Kooperation?
Nützel: Viele Lösungen für DMOs nehmen die Leistungsträger vor Ort nicht mit – und somit auch nicht die Kunden. In der Folge gibt es Daten, die nicht gut gepflegt sind, womit die DMO dann wiederum nicht richtig an den Zielgruppen arbeiten kann. Mit Regiondo gibt es aber eine praxiserprobte Anwendung, mit der die Freizeitanbieter selbst gerne arbeiten und die für alle Seiten funktioniert. Und Wilken erweitert unsere bekannten Funktionen jetzt durch seine E-Marketing Suite.
Was ist die E-Marketing Suite?
Reincke: Diese gemeinsame Lösung von Regiondo und Wilken verzahnt eCommerce und die Kommunikation zum Kunden. Und zwar beides auf sehr individueller Weise. Das gesamte Angebot, das in einer Region über Regiondo buchbar ist, kann keine DMO dieser Welt effektiv darstellen – es sei denn, sie zerlegt es in kleine Happen. Und genau das ist unser Part. Die E-Marketing Suite verschickt basierend auf Kundenmerkmalen individuell Freizeitangebote.
Das klingt spannend, bitte veranschaulichen Sie uns das an einem konkreten Beispiel.
Reincke: Ok. Wenn wir wissen, dass zum Beispiel Herr Schmid nächsten Monat drei Übernachtungen in Oberstdorf im Allgäu gebucht hat und Skifahrer ist. Dann bekommt er aus Nesselwang kurz vor seiner Abreise eine E-Mail, einen Brief oder eine WhatsApp mit dem Hinweis, dass ein Freizeitanbieter gerade eine besondere Ticketaktion hat – und kann sie auch direkt buchen. Wir schaffen also eine sehr individuelle Form der Ökonomie.
Nützel: Regionen bekommen hier ein Tool an die Hand, das so bislang nur Giganten wie Booking.com oder Expedia einsetzen. Nur zeigen diese Portale einem Kunden, der beim letzten Mal ein Hotel in Hamburg gebucht hat, immer weiter Hamburg-Hotels an. Das nervt. Unsere Lösung bereinigt und aktualisiert Kundenmerkmale dagegen laufend selbst.
Wie das?
Reincke: Das Fundament des Systems ist die Adressdatenbank der DMO. Hier werden alle Gästelisten, Gewinnspielteilnehmer, Presseverteiler und sonstige Verbandslisten und Kontakte einmal sauber in ein neues CRM importiert. Die E-Marketing-Suite, die als Idee übrigens vor Jahren für Schweiz Tourismus entstanden ist, tut dann folgendes: Sie leitet bei einem Gast, von dem bekannt ist, dass er einmal eine Familien-Wander-Broschüre bestellt hat, Merkmale ab. Die Software interpretiert intelligent, welche Interessen in jedem Fall oder gut passen müssten. Der nächste Schritt ist dann, diesem Gast im Vorfeld seines nächsten Besuches proaktiv Angebote zukommen zu lassen, die er wahrscheinlich bucht. Letztlich ist es die Realisierung der Idee eines One-to-One-Marketing. Wann und ob jemand wiederkommt, wissen wir übrigens, weil sich das System auch die Buchungsdaten der großen Hotelportale zieht.
Nützel: Und über Regiondo kommen natürlich auch ständig neue Merkmale in die Datenbank, um die Conversion-Rate für DMOs zu steigern. Bei Regiondo sind inzwischen 30 Millionen Termine von Freizeitaktivitäten buchbar – und das wirklich in einer 360 Grad-Variante. Der Hotelier kann genauso einbuchen wie die Tourist-Information oder der Gast auf der Website der Region. Wilken bringt all diese Daten nun zusammen und macht sie nutzbar.
Reincke: Dazu noch ein kleines Beispiel, was die große Bedeutung von Merkmalen veranschaulicht. Allein zu wissen, dass jemand Berge mag, reicht nicht. Denn Skifahren, Wandern, Klettern, Mountainbiken oder einfach nur die gute Luft – das alles sind ganz eigene Motive für einen Urlaub in den Bergen. Und diese Motive verändern sich ständig. Wir haben deshalb eine dynamische Profilierung. Wenn wir mal ein Interesse ermittelt haben, dann wird in jeder folgenden Kommunikation ermittelt, ob dieses Motiv noch von Bedeutung ist. Wenn das nicht der Fall ist, deaktiviert es die E-Marketing Suite.
Greift die Erstellung persönlicher Kundenmerkmale nicht mitunter in geschützte Persönlichkeitsrechte ein?
Reincke: Alles, was wir tun, ist datenschutzrechtlich einwandfrei. Die Verschärfung der EU-Datenschutzrichtlinien sehen wir übrigens in diesem Zusammenhang positiv, weil sich dann letztlich nur noch professionelle Anbieter von E-Mail-Marketing-Lösungen durchsetzen.
Ist es aufwändig das System beim Kunden anzuschließen?
Nützel: Nein. Mit Regiondo kann man schnell starten. Das wissen auch inzwischen alle. Und die Schnittstelle zur E-Marketing Suite liefern wir mit.
Reincke: Wir von Wilken brauchen allerdings zwei bis drei Tage, um die ganzen Listen und Adressbücher, die in einer Organisation teils auf verschiedenen Rechnern liegen, einheitlich ins neue CRM einzuspielen. Und wir müssen natürlich mit dem Kunden klären, ob er vielleicht mehrere Marken hat, über die er kommunizieren will. Wenn das dann erst einmal steht, ist das Bedienen intuitiv.
Neben dem reinen Verkauf von Angeboten und einer merkmalbezogenen Datenbank: Was kann ein Destinations-Management noch mit dem System tun?
Nützel: Genau genommen kann jede Region auf Basis der ihr dann zur Verfügung stehenden Daten neue Produkte entwickeln, sie direkt buchbar machen – und weiß auch gleich, wer sich dafür interessiert. Das ist ein weiterer wichtiger Aspekt, eine Region in 360 Grad abzubilden.
Reincke: Und eine Region kann bestimmte Angebote auch nur regional ausspielen. Wenn ich weiß, dass ein Angebot am besten für eine Kundengruppe infrage kommt, die im Umkreis von 200 Kilometer wohnt, dann bilde ich für dieses Mailing mit wenigen Klicks eine eigene Gruppe. Oder ich splitte ein Mailing erst für einen Test auf, mache also zwei verschiedene Versionen – und schaue, wie das Thema am besten funktioniert. Für eine reife Destination mit digitaler Affinität gibt es doch nichts effizienteres, als die Verkäufe eines Mailings selbst zeitnah auswerten zu können.
Welche Rolle spielt denn eine DMO Ihrer Meinung nach ganz generell beim Thema Freizeit?
Nützel: Regionen können Geschichten erzählen. Geschichten, die über die dort angebotenen Freizeitaktivitäten mit Leben gefüllt werden. Die Möglichkeiten, das auszugestalten sind so gewaltig, dass ich gar nicht ganz begreife, warum gerade bei vielen DMOs so etwas wie die Frage nach der Daseinsberechtigung auftaucht. Denn Geschichten in einen authentischen Kontext zu stellen, kann eine DMO viel besser als der einzelne Leistungsträger.
Reincke: Und wenn es um Geschichten geht, geht es übrigens immer um Erinnerungen. Die bleiben nach einem Aufenthalt im Gedächtnis des Gastes und sind eng verknüpft mit dem Ort des Erlebens. Hier aktiv zu gestalten, sollte das Ziel eigentlich jeder DMO sein.