Ein Gespräch über den Imagewandel einer manchmal noch unterschätzten Metropole, das Inland als neuen Treiber des touristischen Erfolgs, und warum es klug ist, die Stadt ohne Claim zu vermarkten.
Herr Feda, Frankfurt hat heute fast mehr als doppelt so viele Übernachtungsgäste als vor zehn Jahren. Wo genau stehen Sie aktuell?
Es ist wirklich toll zu sehen, wie sich das die letzten Jahre entwickelt hat. Was das Gästewachstum angeht ist Frankfurt diesbezüglich unter den Top 5 in Europa. Wir werden dieses Jahr erstmals mehr als neun Millionen Übernachtungsgäste zählen. Dass wir das 2017 schon erreichen würden, hätten wir selbst nicht gedacht. Unser neues Ziel ist nun, im Jahr 2020 die Zehn-Millionen-Grenze zu knacken.
Wie erklären Sie sich diesen Erfolg?
Ab 2006 hat mit der WM und Frankfurt als wichtigem Stadion- und Fanstandort ein Imagewandel eingesetzt. Das Bild einer feierfreudigen, offenen und lebendigen Stadt ist in den Köpfen geblieben. Das konnte man ab 2007 ganz deutlich übrigens an den Besucherzahlen aus den Ländern ablesen, deren Teams in Frankfurt gespielt haben. Das nun gepaart mit unseren Anstrengungen im Bereich Kunst- und Kulturtourismus, also immer mehr Besuchern aus dem Leisure-Bereich, einem stabilen Messegeschäft mit weltweit führenden Leitmessen und einer Verdopplung des Kongressmarktes beflügelt die Stadt.
Doch nicht nur die Zahlen insgesamt gehen nach oben, auch der Gästemix hat sich verändert.
Stimmt. Wir haben allein dieses Jahr wieder 13 Prozent mehr Gäste aus dem Inland. Das Interesse an Frankfurt wächst also hier sehr stark. Im Ausland hatten wir als Banken- und Messestadt und wegen des Flughafens schon immer einen hohen Bekanntheitsgrad. Prozentual liegt der Anteil ausländischer Gäste bei uns mehr als doppelt so hoch wie beispielsweise in Hamburg. Aber inzwischen kommen 57 Prozent unserer Gäste aus Deutschland, vor zehn Jahren waren es nur 45 Prozent. Und da liegt noch viel mehr Potential! Denn im Inland ist der Imagewandel noch nicht abgeschlossen. Es gibt immer noch zu viele Menschen, die Frankfurt den Ruf einer kühlen und emotionslosen Geschäfts-Stadt anheften. Wir müssen heute noch viel mehr um Erstbesucher kämpfen als andere.
Dann springen Sie als gebürtiger Franke jetzt bitte für Frankfurt in die Bresche. Wenn Sie drei Worte wählen müssten, die Frankfurt beschreiben, welche wären das?
Die Stadt ist erstens überraschend. Das stellen wir immer wieder in der Marktforschung fest. Überraschend führt zum zweiten: unterschätzt. Aber das ist nicht schlecht. Während Hamburg und Berlin schon fast die Endstufe ihrer touristischen Entwicklung erreicht haben, können wir aus einem gewissen Understatement heraus weiterarbeiten. Auch Themen wie Overtourism beschäftigen uns hier noch nicht. Das dritte Wort wäre umtriebig. Die Stadt ist ständig in Bewegung und verändert sich täglich.
Bitte ergänzen Sie folgende Sätze.
Handkäs mit Musik schmeckt gut,…
…weil er gesund ist, wenig Kalorien hat und perfekt zu Apfelwein passt.
Apfelwein ist vielleicht nicht jedermanns Sache, aber…
…hat zurecht eine Renaissance erlebt – auch, weil mittlerweile Menschen wie ich nicht mehr komisch angeschaut werden, wenn sie einen Süßgespritzten bestellen.
Hessisch als Dialekt ist…
…mir mittlerweile genau so nah wie mein Fränkisch.
Eintracht Frankfurt wird Deutscher Meister, wenn…
…wir die 15-Millionen-Grenze bei den Übernachtungen durchbrochen haben (lacht)
Mit welchen Themen positionieren Sie Frankfurt touristisch?
Ich sage gerne: Frankfurt ist die Stadt ohne Claim! Wir haben zwar natürlich unsere großen Themen, die planbar sind. Aber diese Stadt ist einfach unglaublich breit aufgestellt. Es wäre deshalb falsch, sie in starre Mehr-Jahres-Pläne zu zwängen. Die Stadt entwickelt sich sehr dynamisch aus sich selbst heraus. Unsere Aufgabe ist es deshalb nicht unbedingt nur selbst Themen zu setzen, sondern jene aufzugreifen, die gerade stark sind. Und die gilt es dann an die jeweilige Zielgruppe zu bringen. Natürlich vermarkten wir die Stadt trotzdem immer auch als Ganzes. Themen wie unsere Kulturlandschaft, Shopping und regionale Kulinarik sind aber Dauerbrenner.
Ab 2018 haben Sie mit der „Neuen Altstadt“ ein weiteres Top-Thema.
Auf jeden Fall! Das Projekt ist großartig und wird im In- wie Ausland stark wahrgenommen. Dieser Wiederaufbau eines Viertels, das 1944 im Bombenhagel verloren ging, ist einerseits geschichtlich emotional, andererseits bringen wir hier Tradition und Moderne zusammen. Das DomRömer-Quartier wird enorm auf das weiche Image der Stadt einzahlen. Die Hartfacts (Finanzstadt, Finanzstadt, Finanzstadt) sind bekannt. Aber genau diese weichen Faktoren bringen Frankfurt weiter. Gerade für die Bus- und Gruppentouristik wird das national ein Riesenthema. Und aus Amerika und Asien haben wir jetzt schon so viele Anfragen, weil das Thema Fachwerk und Geschichte dort einfach zieht. Aber mal ganz nebenbei: Selbst viele Frankfurter wissen inzwischen nicht mehr, dass die gesamte Ostzeile auf dem Römerberg auch ein Nachbau ist.
Wie wird denn die Geschichte der Altstadt im neuen Quartier erzählt?
Das DomRömer-Quartier wird ausgestattet mit Erklärungstafeln. Die ganze PR- und Öffentlichkeitsarbeit zu dem Thema wird hochgefahren. Schon letzte Woche gab es zum Beispiel ein Insta-Meet mit mehreren Bloggern. Auch neue Gästeführungen wird es natürlich geben. Insgesamt werden wir die unzähligen Geschichten rund um die Altstadt emotional präsentieren.
Frankfurt besitzt Strahlkraft für ganz RheinMain. Wie sehen Sie hier die Rolle Ihrer Organisation – auch in Bezug auf die Zusammenarbeit mit benachbarten DMOs?
Wir sind das Zugpferd für Metrolregion. Das ist uns bewusst. Und diese Rolle nehmen wir an. Im Arbeitskreis Tourismus FrankfurtRheinMain arbeiten wir gemeinsam mit 25 Partnern schon heute im Auslandsmarketing zusammen. Aber da könnte sich, angestoßen vom Hessischen Wirtschaftsministerium und mit uns als Flaggschiff, in den nächsten Jahren tatsächlich mehr Destinations-Management auch fürs Inland entwickeln. Denn genau wie wir ist die ganze Region vom Rheingau über den Taunus und Spessart bis zum Vogelsberg touristisch noch etwas unterschätzt.