Vom Nice-to-have zum Must-have

Guestnet entwickelt sich gerade von der digitalen Gästemappe weiter zu einem „Guest Experience Operating System“. Ein Gespräch mit Managing Partner Martin Tauber über moderne Kommunikation, personalisierte Angebote und die neue Zusammenarbeit mit einem Data-Hub auf Landesebene.

Herr Tauber, wie hat sich das Thema digitale Gästemappe dieses Jahr im Deutschlandtourismus allgemein entwickelt?

Man merkt, dass das Thema mittlerweile insgesamt von allen Playern des Deutschlandtourismus integrierter gedacht wird. Die Destinationen wollen ihre Daten jetzt endlich in Anwendungen hineinzubringen – und gehen entsprechend immer öfter proaktiv auf uns zu. Und die Hoteliers sind bei ihrer Gästekommunikation schnell professioneller geworden. Eine digitale Gästemappe ist nicht mehr nice-to-have, sondern ein must-have! Denn man hat verstanden, dass Kommunikation messbar ist.

Das setzt aber eben voraus, dass die eigenen Daten nicht wahllos in zig Kanäle gegeben werden, sondern dass die Informationen zentralisiert und zusammengeführt werden, damit Tools, wie die digitale Gästemappe, diese auch nutzen können. Ich denke hier zum Beispiel an die vielen Destinationen, die mittlerweile in den Vertrieb von Freizeiterlebnissen eingestiegen sind. Über die digitale Gästemappe bekommen Gäste diese Angebote jetzt auch von ihrem Gastgeber ausgespielt. Und zu seinem Gastgeber hat ein Gast in aller Regel einen viel persönlicheren Bezug als zur Destination, erst recht Stammgäste. Das erhöht die Buchungsraten enorm.

Trotzdem ist immer wieder zu Lesen, dass sich das Konsumklima verschlechtert. Vor diesem Hintergrund: Wie entwickeln sich die mit Guestnet erzielten Umsätze in Deutschland?

Overall haben wir dieses Jahr 60 Prozent mehr Besucher auf unseren digitalen Gästemappen – aber über 100 Prozent mehr Interaktion. Das heißt: Die Gäste, die sich auf die digitale Gästekommunikation einlassen, sind viel interessierter als noch im vergangenen Jahr, was in meinen Augen viel mit dem Zuwachs an buchbarem Content zusammenhängt. Besonders hoch sind die Buchungsraten auch dann, wenn der Gast vor Ort ist. Dann ist er im Genussmodus und will sich etwas gönnen. Weit im Voraus bestimmte Dinge zu bewerben, ist deshalb aus Anbietersicht gar nicht unbedingt sinnvoll, weil es nicht den Nutzergewohnheiten entspricht.

Wie gut kann Guestnet buchbaren Content schon personalisiert ausspielen?

Das ist für uns gerade ein besonders spannendes Thema. Im Hintergrund der Plattform läuft gerade ein KI-Pilot-Projekt zur genaueren Gästesegmentierung. Das System lernt maschinell über die Aktionen der Gäste immer besser, wie ein Nutzer tickt. In Verbindung mit den Informationen, die wir anonymisiert aus dem Hotel-PMS haben, also Alter, Geschlecht, Nationalität etc., ergibt sich ein ziemlich genaues Bild, wer unser Gast ist. Entsprechend passen wir die Empfehlungen an und können Destination und Hoteliers künftig noch gezielter dabei unterstützten, das Service-Level zu erhöhen, das Gästeerlebnis positiver zu gestalten aber auch basierend auf Daten die Produktgestaltung zu verbessern.

Für viele Destinationen fast noch wichtiger als buchbarer Content, ist der Schatz an Informationen, der mit viel Arbeit in die Open Data Hubs eingepflegt wird. Fließt dieser Content inzwischen auch in die digitale Gästemappe Guestnet?

In jedem Fall. Wie gesagt: Destinationen suchen inzwischen immer häufiger proaktiv nach guten Anwendungsfällen, also Ausspielkanälen, für ihre Daten. Das wird deshalb jetzt spannend, weil die Datenqualität zuletzt spürbar einen Sprung gemacht hat – und immer mehr offen zur Verfügung steht. Ein richtig großes Projekt realisieren wir diesbezüglich derzeit in Rheinland-Pfalz. Dort haben wir schon seit längerem viele namhafte Hotelkunden und auch entsprechend Quantität, nun aber reichern wir die Gästemappen-Inhalte der Hoteliers zusätzlich mit Daten aus dem Data Hub der Rheinland-Pfalz Tourismus GmbH an. Erlebnisse, Ausflugstipps, Details zu POIs: Der Gast hat nun alles gebündelt in seiner digitalen Gästemappe und braucht so während seines Aufenthalts keine weitere Plattform bzw. Webapp mehr. Das ist einerseits für die vielen kleineren Gastgeber ein riesengroßer Vorteil, die gar nicht die Kapazitäten hätten, diese Informationen selbst aufzubereiten. Darüber hinaus leben wir in Zeiten, in denen es immer schwieriger wird, erfahrenes Personal zu finden, das sich im Idealfall auch noch in einer Region auskennt. Die Bedeutung digitaler Gästeinformationen steigt also enorm. Selbst in der Premium-Hotellerie geht es inzwischen darum, über Technologie den Beratungsstandard zu halten. Wir haben dazu auf Destinationsportalen bereits unseren KI-Chatbot im Einsatz, der auch in Guestnet integriert werden wird.

Was in Rheinland-Pfalz funktioniert, würde auch mit der Data-Hub-Technologie anderer
Landestourismusorganisationen funktionieren?

In jedem Fall. Wir haben bereits sehr viele Datenbanken angebunden und stehen auch mit allen relevanten Anbietern in Kontakt.

Was sind weitere Themen, die ihr gerade vorantreibt?

Als Unternehmen werden wir gerade vom Anbieter einer digitalen Gästemappe zu einem „Guest Experience Operating System“. Wir haben die Vision, künftig die komplette Guest Journey abzudecken. Dafür integrieren wir derzeit das ganze Thema des automatisierten Check-ins inklusive des dahinterliegenden Meldewesens sowie des Check-outs inklusive Payment. Wo wir uns auch noch weiterentwickeln, ist der Bereich Messaging. Gastgeber werden ihre Kunden über uns bald auf allen Kanälen erreichen können, also nicht nur über die digitale Gästemappe. Denn die nutzt ein Gast ja meist nur während seines Aufenthalts. Es geht also darum, den Kontakt gar nicht ganz abreißen zu lassen und immer wieder punktuell passende Inhalte anbieten zu können.


Zur Person: Martin Tauber ist Managing Partner der Guestnet GmbH. Das Unternehmen aus Brixen in Südtirol digitalisiert als Guest Experience Operating System die gesamte Guest-Journey mit einer optimierten Lösung sowohl für Destinationen als auch für Beherbergungsbetriebe. Mehr als 50 Destinationen und 2.500 Gastgeber im DACH-Raum, Südtirol und Italien digitalisieren mit Guestnet erfolgreich ihre Gästekommunikation.


Dieser Artikel ist im neuen TN-Digital Magazin erschienen.
Zum gesamten Magazin geht´s hier: https://bit.ly/3Z5UwY4